4.
Die Computeranwendung im Umwelt- und Naturbereich


4.1 Einleitung
Im Museen sind Computeranwendungen besonders im
naturwissenschaftlichen Bereich verbreitet. In Umweltzentren werden
allein im regionalen Umfeld von Lüneburg zwei
Computeranwendungen eingesetzt und weitere sind geplant . Die
Computeranwendung hat im Natur- und Umweltbereich neben den oben
angeführten Vor- und Nachteilen weitere Besonderheiten
aufzuweisen. Eine neue Möglichkeit ist ein zeitabhängiges
Informationsangebot für die Besucherlenkung. Wegbeschreibungen
und die Nennung von Ausflugsziele können abhängig von der
Tageszeit, vom Datum und der Jahreszeit gemacht werden. So kann auf
regional unterschiedliche Ansprüche der Tierwelt Rücksicht
genommen werden, wie dies z.B. bei der Vogelbrutzeit nötig ist.
Als Nachteil ist die hohe Umweltbelastung durch die Computeranwendung
zu sehen . Dies beginnt bei einem hohen Energieaufwand und
Schadstoffaufkommen bei der Herstellung des Computers , geht
über den Energieverbrauch beim Einsatz und endet bei der
Entsorgung der Hardware als Elektronikschrott . Beim Einsatz eines
Druckers kommen neben dem Energieverbrauch noch Verbrauchsmaterialien
wie Papier und Toner dazu, bei Laserdruckern wird zusätzlich
Ozon freigesetzt. Bei einer Computeranwendung handelt es sich um ein
Produkt moderner Technik. Dies kann bei natur- und
umweltbewußten Besuchern Ablehnung hervorrufen. Wenn ein
Umweltzentrum das Ziel hat, den Menschen zur Natur
zurückzuführen, kann der Einsatz digitaler Technik
kontraproduktiv sein.


4.2 Ziele einer
Computeranwendung
Das Themengebiet "Ziele einer Computeranwendung" wird hier
ausführlich behandelt. Dies hat mehrere Gründe:
- Die Einsatzziele sind vielfältig und enthalten neben
Lernzielen weitere Ziele. Dazu gehören unter anderem die
Besucherlenkung und die Ermutigung der Besucher, welche typisch
sind für den Einsatz im Umweltbereich.
- Die im folgenden aufgelisteten Ziele spiegeln die Vielfalt der
Einsatzmöglichkeiten wieder und können als Anregungen
für zukünftige Planungen eingesetzt werden.
- Ein Teil der Vor- und Nachteile sind abhängig vom
Einsatzziel einer Computeranwendung. Diese sind im Kontext unten
wiederzufinden. Beschreibungen dieser und weiterer, allgemeiner
Vor- und Nachteile werden bei Möglichkeiten und Vorteile
(3.4) und Problemen und Nachteile (3.5) beschrieben.
- Die bei Seminaren und Vorträgen häufig auftauchende
Frage "Was kann eine Computeranwendung (Multimedia-Anwendung,
Kiosksystem, Infoterminal) und wo sind ihre Vorteile?" kann mit
Hilfe von Beispielen leichter beantworten werden.
- Als letztes ist eine Auflistung insofern wichtig, weil in der
Literatur immer nur einzelne Beispiele genannt werden , obwohl
zahlreiche Anwendungen existieren.
Die Ziele von Computeranwendungen wurden in Hinsicht auf den
Einsatz in Museen und Umweltzentren ausgearbeitet. Dabei habe ich die
Literatur ausgewertet und Erfahrungen aus eigenen Museumsbesuchen
eingebracht. Die von mir erarbeiteten zwanzig Ziele werden im Anhang
in Bezug auf den Einsatz im Umwelt- und Naturbereich genauer
beschrieben. Dabei werden der Vollständigkeit halber auch
allgemeinere Ziele wie z.B. die Suche nach Ansprech- und
Gesprächspartnern und der Computer als Ausstellungsobjekt mit
aufgeführt. Die Einsatzziele können auch verknüpft
werden, wobei auf einen sinn- und maßvollen Einsatz geachtet
werden sollte.
Die Frage, ob ein bestimmtes Ziel bei einer Computeranwendung
sinnvoll ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Hier spielen viele
Faktoren wie die Besucherstruktur, weitere
Informationsmöglichkeiten, der Standort etc. eine Rolle. Die
internen Ziele der Aussteller können von den allgemeinen Zielen
der Computeranwendung abweichen. Ein Angebot der schönsten
Wanderwege dient offensichtlich der Information des Besuchers,
internes Ziel ist allerdings die Besucherlenkung.


Auflistung der Ziele
(Ausarbeitungen im Anhang
A)
- Metainformationen vermitteln
Eine Computeranwendung kann dazu eingesetzt werden, auf Fundorte
und die dortigen Strukturen von Informationen aufmerksam zu
machen. Dabei kann sie bei der Orientierung in einer Ausstellung
helfen, weitere Informationsstellen nennen, Ansprech- und
Gesprächspartner nennen, ein Verzeichnis von externen
Fachleuten anbieten, zur Materialfindung nach dem Besuch beitragen
und einen Überblick über die verfügbare Software zu
dem Thema der Ausstellung anbieten.
- Interesse wecken
Auf dem Weg zum "Erlebnis" Museum werden verstärkt moderne
Medien eingesetzt, die den Sehgewohnheiten der Besucher
entsprechen. Diese Medien können bewußt eingesetzt
werden, um beim Besucher Interesse zu wecken. Hierbei dienen sie
als Blickfang oder bieten dem Besucher eine Kurzinformation
an.
- Auf ein neues Themengebiet einstimmen
Bei größeren Häusern mit unterschiedlichen
Bereichen, beim Beginn eines Rundgangs oder vor einem
Ausstellungsbereich kann eine Computeranwendung auf ein neues
Thema einstimmen. Zu diesem Zweck kann ein Fragekatalog, die
Herstellung eines Zusammenhangs zwischen den Ausstellungsobjekten
oder eine Emotionsweckung eingesetzt werden.
- Allgemeine Informationen anbieten
Es können Informationen zum Thema angeboten werden, die
nichts mit einem einzelnen Ausstellungsobjekt zu tun haben.
Dafür bietet sich eine Nachschlagemöglichkeit, eine
Grundlagenvermittlung, eine Wissensvertiefung oder -erweiterung,
eine Problemfeldbetrachtung, die Öffnung eines neuen
Verständnisweg, die Verdeutlichung und Darstellung komplexer
Zusammenhänge, die Beantwortung häufiger Fragen und das
Informationsangebot von Dritten an.
- Objektbezogene Informationen anbieten
Zu Ausstellungsobjekten können spezielle Informationen
angeboten werden. Dies kann in Form von Zusatzwissen geschehen, es
kann eine genaue Betrachtung bewirkt werden, die Funktion eines
Ausstellungsobjektes erläutert oder Detailinformationen
angeboten werden.
- Anregungen zu weiterem Handeln geben
In Umweltzentren und Museen kann zu bestimmten Handlungen wie z.B.
einer Wanderung durch ein nahegelegenes Naturschutzgebiet angeregt
werden.
- Besucher lenken
Informationszentren in Nationalparks und ähnlichen
Einrichtungen bieten die Möglichkeit, Besucherströme
mehr oder weniger auffällig zu lenken.
- Neue Fähigkeiten vermitteln
Eine Einsatzmöglichkeit der Computeranwendungen ist die
Vermittlung von neuen Fähigkeiten. Dies kann
Problemlösungsfähigkeiten betreffen oder es kann der
Umgang mit einem Bestimmungsschlüssel erläutert werden.
Weitere mögliche Ziele sind die Gehörschulung und die
Naturerziehung.
- Fähigkeiten trainieren
Bestehende Fähigkeiten können mit Hilfe der
Computeranwendung ausgebaut werden. Dazu gehört der Ausbau
der gerade erworbenen neuen Fähigkeiten oder der Umgang mit
Tieren.
- Wahrnehmung verändern
Es kann mit Hilfe einer Computeranwendung versucht werden, die
Wahrnehmung der Besucher zu ändern. Dies kann durch eine
Blickwinkeländerung oder die Schärfung der
Naturwahrnehmung geschehen.
- Verhaltensänderung bewirken
Dieses Ziel kann sehr vielfältig sein, denn es können
zahlreiche Verhaltensweisen geändert werden. So kann z.B. das
Autofahren vermindert werden oder ein Aufruf zur Geldspende kann
erfolgen (man bekommt gezeigt, was mit dem Geld geschieht). Aktiv
werden statt passiv sein, man sollte sich in örtliche
Vereinen und Initiativen engagieren (dabei werden Adressen,
Porträts und Termine angeboten). Im Anhang werden die beiden
Möglichkeiten Abfallverhalten und Störungen der Natur
näher erläutert.
- Einstellungswechsel erreichen
Viele Menschen stehen der Natur gleichgültig gegenüber.
Hier soll eine Änderung erreicht werden, hauptsächlich
durch "Naturerleben". Eine Computeranwendung kann hier nur
ergänzend bzw. unterstützend wirken, die direkte
Naturerfahrung aber nicht ersetzen.
- Zum Nachdenken anregen
Eine Computeranwendung kann auch dafür eingesetzt werden, um
den Besucher zum Nachdenken zu animieren. Dies kann durch Fragen,
die nicht beantwortet werden, oder durch ein Angebot
unterschiedlicher Sichtweisen geschehen.
- Ermutigen
Ökologisches Verhalten scheint heutzutage immer sinnloser zu
werden, weil immer wieder neue Katastrophen und Probleme auf die
Weltbühne treten. Hier kann in einer Computeranwendung
aufgezeigt werden, daß auch kleine Schritte etwas bewirken
und sinnvoll sind.
- Lerneffekt prüfen
In Form eines Quizes kann der Besucher sein Wissen
überprüfen. Dabei können Sach- und Transferfragen
gestellt werden. Diese Fragen können nach einem Teil des
Inhaltes einer Computeranwendung oder am Ende einer Ausstellung
gestellt werden.
- Digitale Rückmeldung bieten
Anstatt eines Gästebuches oder eines Fragebogens kann am Ende
einer Ausstellung auch eine Computeranwendung stehen und dem
Besucher eine schriftliche Reaktion ermöglichen.
- Auflockernd unterhalten
Computeranwendungen müssen nicht immer ernst sein, den
teilweise bedrückenden und negativen Informationen
müssen auch positive Eindrücke entgegengesetzt werden.
Dazu kann ein Spiel oder eine humorvolle Betrachtung des
Themengebietes eingesetzt werden. Auch kann eine Computeranwendung
auch zur reinen Entspannung eingesetzt werden.
- Wissenschaftliches Arbeiten ermöglichen
Durch einen Arbeitsplatz, der mit einem Computer ausgerüstet
ist, kann dem Besucher wissenschaftliches Arbeiten ermöglicht
werden. Dabei können das Magazin oder digitale Quellen
genutzt werden oder die in der Ausstellung erworbenen
Informationen verarbeitet werden.
- Auf spezielle Zielgruppen eingehen
Ein Vorteil der Computeranwendung liegt in der Möglichkeit,
sehr unterschiedliche Zielgruppen berücksichtigen zu
können.
- Computer als Objekt
Ein Computer kann auch als Objekt in einer Ausstellung
stehen.


© Marc Jelitto, 1997,
Universität Lüneburg, Magisterarbeit: Umwelt- und
naturbezogene Computeranwendungen für Besucher in Museen und
Umweltzentren