Inhaltsverzeichnis6. Bedingungen der Entwicklung

In diesem Kapitel nutze ich die Möglichkeit, vertiefend auf einige oben genannte Aspekte einzugehen. Eine ausführliche Behandlung dieser Punkte würde leider den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Im ersten Punkt gehe ich auf die beteiligten Personen ein, dazu gehören die internen Mitarbeiter und die externen Mitarbeiter der Produktionsfirma. Im zweiten Punkt erläutere ich den Einsatz der Hardwarekomponenten Computer, Ein- und Ausgabegeräte. Im dritten Punkt Bezugsrahmen werden die Einflußfaktoren genannt, die durch den Standort in einer Ausstellung verursacht werden. Danach gehe ich auf Entwicklungsfaktoren beim Anwendungsprogramm ein und welche Besonderheiten bei der Interaktivität und Medienintegration eine Rolle spielen. Als letztes gehe ich auf die wichtigen Punkte Evaluation und Kosten ein.

6.1. Beteiligte Personen
6.2. Hardware
6.3. Bezugsrahmen
6.4. Anwendungsprogramm
6.5. Interaktivität
6.6. Medienintegration
6.7. Evaluation
6.8. Kosten


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.1. Beteiligte Personen

Nur in seltenen Fällen wie z.B. beim Deutschen Museum in München, wo eine eigene Programmierabteilung ins Leben gerufen wurde, wird eine Computeranwendung komplett im eigenen Hause entwickelt. Im allgemeinen wird auf die Hilfe externer Kräfte zugegriffen. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, den Auftrag komplett nach außen abzugeben.

Der erste Fall bietet die Möglichkeit, alles unter eigener Kontrolle zu behalten, setzt allerdings interne Fachkräfte voraus. Ob Programmierer ausreichen, ist fraglich, da diese zwar technisch ein Anwendungsprogramm entwickeln können, aber von Screen- und Interfacedesign kaum etwas wissen. Bei der Entwicklung einer Computeranwendung müssen Fachkräfte aus allen Bereichen (Programmierung, Design) vorhanden sein, was die Kosten für die Einrichtung einer internen Abteilung in die Höhe treibt. Die dritte Möglichkeit, einen Auftrag komplett zu vergeben , beinhaltet die geringsten Kontrollmöglichkeiten. Außerdem können die internen Erfahrungen der Mitarbeiter nicht genutzt werden.

Beim Zugriff auf externe Kräfte gibt es zwei Möglichkeiten, entweder werden einzelne Spezialisten angestellt oder eine Produktionsfirma beauftragt, die entweder über alle Fachkräfte verfügt oder sie bei Bedarf einstellt. Hier wird vereinfachend von der Beauftragung einer Produktionsfirma ausgegangen.

Die Zusammenarbeit zwischen internen Mitarbeitern und externen Mitarbeitern ist aus mehreren Gründen die beste Lösung. Die internen Mitarbeiter können ihr Fachwissen aus der Ausstellungsplanung und des Ausstellungsthemas einbringen und kennen die Besucherstruktur am besten. Nicht zu unterschätzen ist eine höhere Akzeptant bei den Mitarbeitern und eine höhere Motivation bei der späteren Pflege der Anwendung durch die Mitarbeiter, da die Computeranwendung für sie kein "Fremdkörper" ist. Externe Mitarbeiter können ihr Fachwissen einbringen, profitieren aber vom Wissen der Aussteller.

Vor der Vergabe eines Auftrages sollten beim Auftraggeber EDV-Kenntnisse vorliegen, damit sie bei Verhandlungen mit externen Stellen die unterschiedlichen Begriffe und einsetzbaren Medien kennen und nicht etwas verkauft bekommen, was sie nicht haben wollen bzw. nicht brauchen . Sinnvoll ist auch eine Grobplanung des Inhaltes ebenso wie ein Kostenrahmen, damit die Produktionsfirma den Umfang der Arbeit erkennen kann und ihrerseits ihre Möglichkeiten innerhalb des finanziellen Rahmens aufzeigen kann.

Bei der Suche nach einer Produktionsfirma kann man aktuelle Nachschlagewerke einsetzen, teilweise existieren in Großstädten im Medienbereich lokale Adreßbücher, ansonsten werden in der Zeitschrift "Screen Multimedia" regelmäßig Übersichten veröffentlicht . Eine gute Produktionsfirma sollte Erfahrung im Bereich Computeranwendung in der öffentlichen Nutzung haben, optimal wäre es, wenn sie bereits Computeranwendungen für Museen und Ausstellungen entwickelt hätte. Aber auch die bisherige Entwicklung von POI- (Points of Information) und POS-Systeme (Points of Sale) ist nützlich. Auch bei Firmen, die CD-ROMs entwickeln, ist der notwendige technische Hintergrund vorhanden. Nicht nur technische Möglichkeiten und Kosten sollten die Auswahl bestimmen, es sollten auch Praxisbeispiele der Firmen betrachtet werden.

Wenn die optischen und technischen Ausprägungen dieser Beispiele mit den Vorstellungen des Auftraggebers übereinstimmen, ist die richtige Firma gefunden. Intern müssen dann Ansprechpartner, Materiallieferanten und ein Entscheidungsträger, der die endgültigen und verbindlichen Entscheidungen trifft, festgelegt werden.

Beim Vertragsabschluß ist auf Besonderheiten des Mediums Computeranwendung wie z.B. dessen Entwicklung zu achten . Es ist niederzulegen, wer die endgültige Entscheidung in der Ausstellung trifft; was passiert, wenn eine der beteiligten Parteien nicht rechtzeitig ihre Aufgaben erfüllt; in welchen Raten und wann Zahlungen an die Produktionsfirma erfolgen; ob die Rechte auf die Aussteller übergehen, das Programm weitergegeben werden darf, und welche Nutzungsrechte die Aussteller erhalten usw.


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.2. Hardware

Bei der Hardware ist zwischen dem Computer und den Ein- und Ausgabegeräten zu unterscheiden.

Beim Computer in Ausstellungen werden verschiedene Betriebssysteme eingesetzt, hauptsächlich die Betriebssysteme DOS, Windows, MacOs und Unix. Das Betriebssystem hat für den Besucher keine Auswirkungen. Um eine hohe Performance zu erreichen, kann entweder ein schneller Rechner eingesetzt werden oder, was meist effektiver ist, ein Rechner mit geringerer Prozessorleistung wird mit einer schnellen Festplatte und viel Arbeitsspeicher aufgerüstet. Aus Sicherheitsgründen sollte eine zweite Festplatte mit dem gespiegelten Inhalt der ersten eingebaut werden, um bei Fehlfunktionen der ersten schnell auf die zweite ausweichen zu können. Ein CD-ROM-Laufwerk ermöglicht eine Neuinstallation des Anwendungsprogramms bei Fehlbetrieb. Vor der Inbetriebnahme wird dann das Betriebssystem auf ein Minimum reduziert und die Festplatte optimiert. Beim Einsatz von Video kann mit dem Einbau einer Videokarte eine Qualitätsverbesserung erzielt werden.

Der verwendete Computer kann ein Einzelrechner sein oder ein in ein Netzwerk integrierter Rechner. Letzteres bietet die Möglichkeit einer Fernwartung, d.h. alle Computer des Netzwerkes werden von einem Arbeitsplatz aus überwacht und ggf. gewartet.

Die Vor- und Nachteile von einzelnen Ein- und Ausgabegeräten sollen hier kurz erläutert werden:

Drehknöpfe, Lenkräder und Tasten sind den Besuchern aus dem Alltag vertraut und in ihrer Funktionsweise bekannt. Die typischen Eingaberäte wie Tastatur, Maus und Joystick sind ebenso wie die neueren Geräte wie Datenfinger, Datenhandschuh, Grafiktablett, Trackball und Touchpad Computeranwendern vertraut bzw. sie sind ihnen bekannt. Diese Eingabegeräte haben den großen Nachteil, daß sie für ungeübte Nutzer anfänglich nur schwer benutzbar sind. Sie können auch abschreckend wirken, da viele Menschen damit nicht vertraut sind. Sensorfelder und Touchscreens sind dagegen der Mehrheit der Nutzer unvertraut. Mit exotischeren Varianten wie z.B. eine berührungssensitive Metallkugel kann dem Besucher einen spielerischen Zugang ermöglichen, es kann aber auch passieren, daß dieses unvertraute Objekt nicht als Eingabewerkzeug erkannt wird. Nicht alle Geräte eignen sich für jede Zielgruppe, so sorgt z.B. die "Steuerung der Anwendung über drei externe Knöpfe" mit einem einfachen "Benutzerinterface ... für eine hohe Akzeptanz der Stationen", allerdings fühlen sich "Jugendliche bei den Navigationsmöglichkeiten unterfordert" (Köhnert 1997, S. 10). Bei unterschiedlichen Zielen werden verschiedene Eingabegeräte eingesetzt, bei einem Quiz können drei Tasten mit "A, B, C" ausreichen, während ein wissenschaftliches Arbeiten nur mit Tastatur und Maus verwirklicht werden kann. Auch das Anwendungsprogramm stellt Anforderungen an die Geräte. Wenn z.B. beim Überfahren einer verborgenen Taste auf dem Bildschirm diese sichtbar werden soll, so muß auch per Eingabegerät ein Cursor über den Monitor bewegt werden können. Bei einem Touchscreen würde niemand auf eine Stelle drücken, wo er keine Taste vermutet.

Bei den Ausgabegeräten hängt die Wahl des Bildschirms (Monitor oder Fernseher) meist von der Zielgruppe ab. Für Einzelbesucher reicht ein einfacher Monitor, bei Gruppen werden größere oder mehrere Monitore angeboten.

Bei der akustischen Gerätewahl kann man zwischen Lautsprechern und Kopfhörern wählen. Lautsprecher beschallen eine größere Fläche, erreichen also mehr Personen. Bei Tonüberlagerungen bekommt der Besucher jedoch den "chaotischen Eindruck" eines "akustischen Rummelplatzes" (Preis 1990). Ziellautsprecher, die nur einen beschränkten Bereich beschallen, können hier Abhilfe schaffen. Lauter Ton kann auf die Besucher störend wirken, die nicht an der Computeranwendung interessiert sind. Kopfhörer, die keinen Lärm produzieren, sind jedoch nur von wenigen Besuchern gleichzeitig benutzbar und machen den Besucher (behindernd, wenn per Ton ein Objekt beschrieben wird und es nicht aus der Nähe betrachtet werden kann). Bei längerer Benutzung können, Kopfhörer unbequem werden, noch schlechter sind Einhandhörer, bei dem Lautsprecher in das Ende eines Griffes eingebaut sind. Kopfhörer haben den weiteren Nachteil, daß sie die Kommunikation der Besucher stören bzw. verhindern, besonders wenn nur einer von mehreren Nutzern einer Computeranwendung einen Kopfhörer erhält.

Beim Ausgabegerät Drucker bieten sich mehrere Möglichkeiten an. Es können Textinformationen ausgegeben werden, aber auch Graphiken. Wenn Eintragungen in Landkarten o.ä. per Computer vorgenommen werden, empfiehlt sich der Einsatz von fertigen Druckvorlagen (ggf. farbigen). Diese beschleunigen den Druckvorgang und verringern den Tonerverbrauch des Druckers. Bei der Druckerauswahl ist auf die Einsatzmöglichkeit des Stand-By-Betriebes zu achten, um den Stromverbrauch zu verringern. Dem Einsatz von externen Geräten wie Diaprojektoren, elektronische Schautafeln, Glühbirnen in Dioramen, Scheinwerfer u.ä. sind keine Grenzen gesetzt. In der Zukunft werden auch der Geruch- und der Tastsinn durch neue Ausgabegeräte angesprochen werden können.


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.3. Bezugsrahmen

Bei der Entwicklung einer Computeranwendung spielt der zukünftige Einsatzort und seine Umgebung als Bezugsrahmen eine große Rolle. Handelt es sich um eine Neueinfügung in eine bestehende Ausstellung, so müssen mehrere Aspekte beachtet werden. Die Anwendung sollte nicht als Fremdkörper auffallen, sondern mit ihrer Erscheinungsform in das Ambiente optisch eingefügt werden. Das Corporate Design sollte beachtet werden, d.h. die in der restlichen Ausstellung verwendeten Farben, Symbole und Schrifttypen sollten ins Oberflächendesign übernommen werden, können aber auch dem Medium typisch angepaßt werden (z.B. die Animation einer Eule im Deutschen Museum). Vorhandene Tonquellen müssen bei der Planung berücksichtigt werden.

Bei der Neukonzeption einer Ausstellung müssen neben den oben angeführten Punkten weitere beachtet werden. Alle an der Ausstellung beteiligten Personen sollten von Anfang an über die geplanten Auswirkungen der Anwendung, wie z.B. der Einsatz des Mediums Ton, informiert werden. Nur so kann vermieden werden, daß zu einem späteren Zeitpunkt der Entwicklung Probleme auftauchen , die umständlich behoben werden müssen. Es ist zwischen Standorten innerhalb eines Gebäudes, in halboffenen Räumen und im Freien zu unterscheiden. Im letzten Fall muß die "Verpackung" (siehe auch Erscheinungsform) witterungsbeständig sein, in halboffenen Räumen, wie z.B. einer Schutzhütte, müssen extreme Witterungseinflüsse berücksichtigt werden. An allen drei Standorten muß bei fehlender Beaufsichtigung auf eine vandalismussichere Erscheinungsform geachtet werden. Vor dem Beginn einer Planung sollte der Standort besichtigt werden, um Besonderheiten des Standortes wie z.B. die mögliche Blendung durch Sonnenlicht, störende Geräuschquellen, ausreichende Stromversorgung u.ä. vorher zu klären und Störfaktoren auszuschalten oder in die Planungsphasen mit einbeziehen zu können. Neben der Integration der Computeranwendung in die Ausstellung können auch isolierte Plätze geschaffen werden - "Infoboxen" aus Metall frei im Raum stehend wie im Deutschen Museum, die Installation in einer Nische oder in einem externen Raum.


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.4. Anwendungsprogramm

Das Anwendungsprogramm kann als "Herz" der Computeranwendung bezeichnet werden. Sie wird u.a. von den Elementen Inhalt, Zielgruppenoptimierung, eingesetzten Medien, Didaktik, der zur Entwicklung verwendeten Software, Oberflächendesign, Navigationsmöglichkeiten und Benutzerführung geprägt.

Da es sich bei der Computeranwendung um ein neues Medium mit spezifischen Anforderungen handelt, sollte der Inhalt eines Anwendungsprogramms immer in Absprache mit den Produzenten geplant und erarbeitet werden. Zum Beispiel müssen Texte anders als bisher produziert werden, da das Lesen am Monitor sehr anstrengend ist. Die Texte sollten nicht mehr in einem Stück produziert und angeboten werden, sondern in kleinen, übersichtlichen Informationsbrocken, die untereinander logisch verknüpft werden können.

Zielgruppen haben große Auswirkungen auf das Anwendungsprogramm. Eine Oberfläche für Kinder unterscheidet sich optisch von einer für Wissenschaftler. Weitere Hinweise sind im Abschnitt "Zielgruppen" unter 7. nachzulesen.

Eingesetzte Medien beeinflussen das Medium stark, siehe dazu auch 6.6.

Didaktische Methoden und Ziele für Computeranwendungen können zum Teil aus bisherigen Medientheorien hergeleitet werden, zum Teil müssen für das Medium Computer neue didaktische Methoden und Ziele formuliert werden. Einige Kriterien wie z.B. die Anzahl von Buchstaben in einer Zeile bei der Gestaltung einer Schautafel können übernommen werden. Die räumliche Anordnung von Bild- und Textelementen gestaltet sich auf einem Computerbildschirm jedoch schwierig, da z.B. eine Navigation grafisch eingebunden werden muß. Bei der möglichen Interaktivität gibt es ganz neue Regeln, die angewendet werden müssen.

Die zur Entwicklung eingesetzte Software reicht von Programmierumgebungen, in denen die Anwendungsprogramme vollständig selbst programmiert werden, bis hin zum Einsatz von Autorensystemen .

Zum Oberflächendesign (Screendesign), zur Fortbewegung innerhalb einer Computeranwendung (Navigation) und zur Benutzerführung (Interfacedesign) gibt es zahlreiche beachtenswerte Punkte, zu denen Fachleute zu Rate gezogen werden sollten. Tasten z.B. müssen in ihrer Funktion erkennbar gemacht werden, entweder durch Schrift, was sich bei Analphabeten oder fremdsprachigen Besuchern problematisch darstellt oder durch kleine Bilder, sogenannte Icons, die falsch interpretiert werden können.


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.5. Interaktivität

Es muß zwischen einer selbstablaufenden Darstellung und einer interaktiven Anwendung unterschieden werden. Selbstablaufende Anwendungen können vom Besucher nicht beeinflußt werden und funktionieren ähnlich einer Ton-Diashow oder einem Videoeinsatz. Vorteilhaft ist die gleichbleibende Qualität der Darstellung, da im Gegensatz zum Dia und zum Video kein Materialverschleiß auftritt. Selbstablaufende Anwendungen kommen nur bei wenigen Zielen in Betracht. Dazu gehören Interesse wecken, Einstimmung auf ein neues Themengebiet, zur Entspannung und beim Computer als Objekt (Zielbeschreibung siehe 4.2.).

Interaktive Anwendungen zeichnen sich durch die Möglichkeit des aktiven Besuchereingreifens aus. Bis auf zwei Ziele, die Weckung eines Interesses oder der Entspannungsleistung, können alle oben angeführten Ziele interaktiv umgesetzt werden. Der Grad der Interaktivität kann allerdings sehr unterschiedlich ausfallen.

Als niedriger Grad der Interaktivität ist die Möglichkeit, eine selbstablaufende Darstellung zu unterbrechen und dann wieder starten zu können, einzustufen.

Wenn sich der Besucher zwischen mehreren Möglichkeiten entscheiden kann, ist die Interaktivität schon höher, völlige Interaktivität ist bei einer freien Bewegungs- und Manipulationsmöglichkeit vorhanden. Die Höhe des Interaktivitätsgrades sagt jedoch nichts über die Qualität einer Anwendung aus, da mit zunehmenden Interaktivitätsgrad neue Probleme auftauchen ("Lost in Cyberspace" , nicht mehr nachvollziehbare Ergebnisse einer Manipulation ).

Friz unterscheidet zwischen formaler und didaktischer Interaktivität. Unter formaler Interaktivität versteht sie Möglichkeiten der Navigation wie Hypertext, Unterbrechen / Abbrechen / Wiederholen und die Möglichkeit einer Guided Tour. Didaktische Interaktivität hingegen ist die angemessene Darstellung der Inhalte, die beim Besucher kognitive Prozesse auslösen. Dazu gehören Variationen von Parametern, Zusammenstellungen von Materialien, Erweiterung von Daten, Aufforderungen zur Aktivität außerhalb des Programms (Friz 1997, S. 27).

Ich halte diese Unterteilung für sinnvoll, wobei die Verantwortung für die formale Interaktivität bei der Produktionsfirma liegen sollte. Die didaktische Interaktivität sollte von den Ausstellern geplant werden, die technische Umsetzung geschieht durch die Produktionsfirma.


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.6. Medienintegration

In Computeranwendungen kommen die Medien Schrift, Grafik, Ton, Video und Animation als Informationsträger vor. Zur genaueren Unterteilung können noch die Begriffe Tabellen, Diagramme, Kollagen und Simulation dienen. Die Informationsträger können einzeln verwendet oder kombiniert werden. Schrift bzw. Text sollte so wenig wie möglich verwendet werden, da das Lesen an einem Computermonitor mehr anstrengt als das Lesen eines gedruckten Textes. Trotzdem wird Schrift häufig eingesetzt. Sie ist das am kostengünstigsten zu erstellende Medium und benötigt den geringsten Speicherplatz. Die Schrift wird als Ergänzung zu Ton, Video oder Animation (in Form einer kurzen Zusammenfassung) oder zu einem Bild als Erläuterung eingesetzt. Auch für Bedienungshinweise wird Schrift verwendet. Weiterhin wird Schrift für Informationen eingesetzt, wobei es sich immer um kürzere Informationseinheiten und nie um eine mehrere Seiten umfassende Abhandlung handelt. Tabellen werden eingesetzt, um Texte ansehnlicher und übersichtlicher präsentieren zu können. Außerdem können in Tabellen Stichwörter benutzt werden. Bei Grafik kann es sich um Pixel- oder um Vektorgrafiken handeln, wobei Pixelgrafik einen leicht höheren Speicherbedarf hat. Beide können im Computer erzeugt werden oder von Vorlagen digitalisiert werden. Photos und Bilder (Gemälde, Zeichnungen etc.) können mit einem Scanner digitalisiert werden und als Pixelgrafik, unter Umständen nach einer Überarbeitung auch als Vektorgrafik, benutzt werden. Diagramme sind Grafiken, bei denen Sachverhalte bildlich dargestellt werden. Wenn in ihrer Darstellung u.a. Bewegungen durch Pfeile dargestellt werden, können sie auch animiert werden. Kollagen bestehen aus mehreren Grafiken, die zu einem Bild zusammengesetzt werden. Digitale Grafiken können auf dem Computer leichter als per Hand mit Papier und Schere zusammengesetzt werden. Vorlagen sind so manipulierbar, daß man sie vom Original nicht mehr unterscheiden kann. Ton wird in den Formen Sprache, Musik, digitalisierte Geräusche und digital erzeugte Geräusche genutzt. Sprache wird als Informationsträger eingesetzt. Musik läuft im Hintergrund, manchmal auch als Spannungsträger. Geräusche wie z.B. Vogelstimmen werden als Informationen eingesetzt. Digital erzeugte Geräusche werden z.B. als Feedback-Ton bei Aktionen (z.B. Tastendruck vom Besucher) eingesetzt. Videos werden in digitalisierter Form genutzt, der Vorteil ist die gleichbleibende Qualität des Material, da kein Verschleiß auftritt. Nachteilig sind die hohen Digitalisierungskosten, der hohe Speicherbedarf und die teilweise schlechte Qualität bei voller Bildschirmauflösung. Aus letzterem Grund werden Videos häufig in einem kleinen Teilbereich des Bildschirms abgespielt. Um eine gute Abspielgeschwindigkeit zu erreichen, wird der Computer optimiert (siehe "Hardware"). Animationen in Form von bewegten Grafiken und Simulationen werden am Computer erzeugt und bieten neue Möglichkeiten, sind aber sehr aufwendig in der Erstellung und kostenintensiv. Animationen werden bei bewegten Grafiken, Figuren u.ä. eingesetzt, aber auch bei ganzen Szenarien oder als künstliche Videos. Häufig werden sie auch bei Simulationen eingesetzt. Simulationen können textbasiert ablaufen, sinnvoller ist aber der Einsatz von Animationen. Simulationen können mit oder ohne Interaktionsmöglichkeit entwickelt werden.

In Sonderfällen können auch digitalisierte Videos als Ergebnisse von Interaktionen eingesetzt werden.

In einer Computeranwendung werden in der Regel mehrere Medien benutzt, und zwar gleichzeitig. Bei der Medienintegration ist stets die Frage zu beachten

"... muß ein interaktives Multimediaprodukt stets sämtliche Register ziehen, welche die digitale Medienerstellung bereithält?" (Steinhau 1995).

Bei der Entwicklung einer Computeranwendung sollten immer nur die sinnvollsten Medien eingesetzt werden. Videos, denen keine neuen Informationen entnommen werden können, sollten nicht eingesetzt werden. Selbst bei einzelnen Medien gibt es Unterschiede zu beachten. So kann ein dreidimensionales Diagramm Perspektiven beinhalten, die den Besucher vom eigentlichen Inhalt der Anwendung ablenken (Seminar Brauweiler 1996). Hier sollte auf das aus Lehrbüchern bekannte zweidimensionale Diagramm zurückgegriffen werden.


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.7. Evaluation

Bei der Evaluation muß zwischen formativer (d.h. gestaltende Bewertung) und summativer Evaluation (d.h. Bewertung im Nachhinein) unterschieden werden (Baumgartner 1995, S. 248). In diesem Fall gehe ich nur auf die formative Evaluation ein . Zur Vorbereitung einer Computeranwendung kann man auf Kriterienkataloge (z.B. in Form von Checklisten) zugreifen. Diese Verzeichnisse von Kriterien oder Fragen sollen zum Überdenken der zahlreichen Details und Probleme anregen . Baumgartner schlägt zusätzlich noch eine vergleichende Analyse in Form von "generierenden" Fragestellungen vor, dabei soll ein Problemfeld geöffnet, auf die Problematik aufmerksam gemacht und mit anderen Lösungen verglichen werden (Baumgartner 1995, S. 249) . Zur Entwicklung einer Computeranwendung ist "die sorgfältige Evaluation notwendig, um beabsichtigte Wirkungen auch tatsächlich zu erzielen" (Hubrath 1996). Die begleitende Evaluation ist sinnvoll, um Ergebnisse schnell einbauen zu können, solange es noch ohne großen Aufwand möglich ist. Dabei bedient man sich der üblichen Methoden Fragebogen, Beobachtung von Testpersonen, Interviews und Expertenbewertung. Als sinnvoll hat sich die "Methode des lauten Nachdenkens" (Fricke 1995, S. 411) herausgestellt, bei der die Testperson ihre Gedanken und Fragen beim Erforschen und Testen des Anwendungsprogramms laut äußert, ohne daß von der beobachtenden Person Reaktionen erfolgen.

Zusätzlich können bei der Evaluation der Computeranwendung in der Endphase der Entwicklung bzw. während des Dauereinsatzes zwei neue Methoden genutzt werden - das digitale Protokoll und die Nutzung eines Zweitmonitors zur Beobachtung des Geschehens auf dem Monitor der Computeranwendung. Das digitale Protokoll gibt Auskunft über alle Benutzeraktivitäten wie Mausklicks, benutzter Weg innerhalb der Anwendung, Beschäftigungsdauer, Nutzung der Informationstiefe und -breite usw. . Das Ergebnis kann automatisch ausgewertet und grafisch dargestellt werden. Wenn z.B. eine Hilfeseite häufig aufgerufen wird, ist eine Anwendung nicht einfach zu benutzen. Der Einsatz eines Zweitmonitors in einen Nebenraum, bei dem die Geschehnisse auf dem Monitor des Besuchers sichtbar sind, ermöglicht eine Analyse des Geschehens, ohne daß sich der Besucher beobachtet fühlt .

Während der Entwicklung einer Computeranwendung finden formative Evaluationen mit Prototypen (Funktionsdummys) am Computer statt . Interne Mitarbeiter werden als erste Testpersonen eingesetzt, später dann Besucher und Fachleute. Während die ersten Tests an normalen Computern gemacht werden, nutzen spätere Tests die Originalhardware und den Standort der Computeranwendung; ein Schwerpunkt liegt dabei auf den geplanten Ein- und Ausgabemedien. Kritik und Vorschläge zur Verbesserung als Ergebnisse der Evaluationen werden protokolliert und eingebaut. Bei der Evaluation sollte nicht nur auf technische Aspekte geachtet werden (Wie gehen die Besucher mit dem Programm um, ist die Navigation zu kompliziert...), sondern auch auf die Zielerfüllung (Verstehen die Besucher den Zweck dieser Anwendung, ist das Ziel oder sind die Ziele erreicht oder verfehlt...).

Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf einer Entwicklung mit Evaluationen, wobei die Ergebnisse der Evaluation analysiert und eingebaut werden, um dann wieder getestet zu werden.

Abbildung 6: Prototyp-Modell (Hemsley 1993, S.169)


SeitenanfangInhaltsverzeichnis

6.8. Kosten

Als Beispiel für die Kosten einer Computeranwendung kann ein Kostenvoranschlag aus der Praxis von Fr. Noschka-Roos vom Deutschen Museum in München (Seminar Brauweiler 1996) für die Kosten einer Gesamtentwicklung durch eine Firma für einen interaktiven Einsatz eines Infoterminals mit 30 min. Dauer (inklusive Software, Audio und Video) dienen:

Konzeption:

50.000 DM

Programmstruktur:

40.000 DM

Graphik/Bildbearbeitung:

20.000 DM

Programmierung:

40.000 DM

Hardware:

10.000 DM

sonstiges (Archivnutzung..)

10.000 DM

SUMME:

170.000 DM

Dieses Beispiel gilt wahrscheinlich für eine Entwicklung ohne Beteiligung des Museums. Nach Einschätzung von Frau Noschka-Roos lassen sich die Konzeptionskosten um 80% durch den Eigeneinsatz senken, ebenso ist eine Verringerung der Kosten bei der Planung der Programmstruktur möglich.

In der Praxis beginnt die Produktion bei einigen tausend Mark für eine Anwendung (einfache Bild- und Textmontage), schätzungsweise liegen die durchschnittlichen Marktpreise für eine Anwendung zwischen fünfzig- und zweihunderttausend Mark , für größere Projekte sind jedoch nach oben keine Grenzen gesetzt. Daß die Preise im EDV-Bereich im unteren Bereich liegen, zeigen die Entwicklungskosten für andere Medien. Professionelle Computerspiele können in ihrer Entwicklung bis zehn Millionen Mark kosten. Eine CD-ROM-Entwicklung kostet durchschnittlich zwischen 150 - 300.000 DM.

Die Kosten einer Computeranwendung setzen sich aus Entwicklungskosten , Materialkosten, Hardwarekosten, laufenden Kosten und Entsorgungskosten zusammen.Entwicklungskosten für die Entwicklung einer Computeranwendung tauchen als interne Personalkosten beim Projektentwurf, bei der Auswahl einer Produktionsfirma oder freier Mitarbeiter, bei der Planung der Computeranwendung, bei der Auswahl und Vorbereitung des Materials, bei der Erstellung der "Verpackung" und bei der Evaluation und Schulung der Mitarbeiter vor dem Einsatz der Computeranwendung auf. Dazu kommen externe Personalkosten, die bei der Planung (Konzeption), der Entwicklung des Oberflächendesigns, der Programmstruktur, der Programmierung, der Erstellung und Digitalisierung von Material (Bilder, Videos, Animationen etc.) , Recherche nach Material, Einbau von Evaluationsergebnissen entstehen.

Materialkosten entstehen bei der Erstellung und beim Einkauf von Bild-, Ton-und Videomaterial, beim Erwerb der Nutzungs- und Verarbeitungsrechte , bei Sicherungskopien der Arbeitsmaterialien, Kauf der Hardware (Computer, Ein- und Ausgabegeräte) und der Gestaltung der Erscheinungsform.

Die laufenden Kosten setzen sich zusammen aus einer erweiterten Hardwaregarantie und -pflegevereinbarung, einem Software-Pflegevertrag, Stromkosten und ggf. Kosten für das Verbrauchsmaterial des Druckers wie Tinte, Papier oder Vordrucke. Am Ende der Nutzungszeit muß der Computer zukünftig kostenpflichtig als Elektronikschrott entsorgt werden.

Die Gesamtkosten setzen sich aus verschiedenen Posten zusammen, welche auch unterschiedlich hoch ausfallen können. Die Frage an eine Produktionsfirma, was denn eine Computeranwendung zum Thema "Wasserverschmutzung" kosten würde, sind von dieser schwer zu beantworten. Die Frage, was die Produktionsfirma für einen bestimmten Betrag bieten kann, ist einfacher zu beantworten. Preisunterschiede bei unterschiedlichen Produktionsfirmen liegen in der Qualität der Arbeit, Effizienz des Projektmanagement, Marktposition und Referenzen des Anbieters und in marktstrategischen Überlegungen (Bahner 1996, S. 98). Die Medienauswahl kann eine Anwendung stark verteuern - bei der Erstellung einer halben Minute Animation können schnell zwei Wochen Arbeitszeit aufkommen (Seminar Wolfenbüttel 1997), bei der Verwendung von Sprache müssen Kosten für die Sprecher, ein Tonstudio und eine Optimierung des aufgenommenen Materials am Computer miteinberechnet werden. Eine Erhöhung des Eigenanteils und der Produktion kann die externen Kosten verringern, allerdings sollte diese Arbeitszeit auch in die Gesamtkostenberechnung miteinbezogen werden.

Selbstablaufende Anwendungen sind in der Regel kostengünstiger als interaktive Anwendungen, da Interaktivität stets mit einem höheren Arbeitsaufwand bei der Entwicklung verbunden ist. Die Gesamtkosten hängen jedoch stets vom gewünschten Material ab, so ist z.B. digitalisiertes Video besonders teuer.

SeitenanfangInhaltsverzeichnis


© Marc Jelitto, 1997, Universität Lüneburg, Magisterarbeit: Umwelt- und naturbezogene Computeranwendungen für Besucher in Museen und Umweltzentren