Inhaltsverzeichnis5. Die Entwicklung einer Computeranwendung aus der Ausstellersicht

5.0. Einleitung
5.1. Vorplanung
5.2. Planung
5.3. Entwicklung
5.4. Einführung


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Bei den Phasen der Entwicklung einer Computeranwendung gibt es in der Literatur verschiedene Unterteilungen. Das folgende Phasenkonzept zur Einführung von Datenverarbeitungsprogrammen (DV-Programme) läßt sich auch für die Entwicklung von Computeranwendungen einsetzen.

Abbildung 5: Phasenkonzept zur Einführung von DV-Programmen (Mehrmann 1992, S. 23)

Ich gehe vereinfachend von einer Teilauslagerung der Entwicklung einer Computeranwendung zu einer externen Produktionsfirma aus . Um dieser Teilauslagerung gerecht zu werden, unterteile ich die Planungsphase von der Abbildung von Mehrmann in Vorplanung und Planung und beschreibe in dieser Arbeit die Entwicklung einer Computeranwendung in vier Phasen Die erste Phase ist die Vorplanung vor der Einschaltung des externen Personals, die zweite Phase die Planung in Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma, dann folgt die Entwicklung in der Produktionsfirma als dritte Phase, begleitet von ständiger Evaluation. Als letzte, vierte Phase wird die Einführung der Computeranwendung inklusive einer Überarbeitung beschrieben.

In der Praxis existiert keine eindeutige Unterteilung der Produktionsschritte, es gibt bei jeder Entwicklung einer Computeranwendung Unterschiede . Auch der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kann nicht genau festgelegt werden. Inhaltliche Informationen zum Vertragsabschluß liefert Müller (Müller 1995).


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5.1. Vorplanung

Die Vorplanung umfaßt den Zeitraum von der Idee bis zur Einschaltung einer Produktionsfirma. Ein Grund für die Entwicklung einer Computeranwendung kann der Wunsch des Leiters eines Museums oder eines Umweltzentrums sein, der dieses moderne Medium in seinem Hause haben will. Dieser Wunsch kann aus Prestigegründen erfolgen oder dem "Trend des Computereinsatzes" folgend geschehen.

Der zweite Grund ist der Wunsch der Gestalter einer Ausstellung, eine Computeranwendung vorzuführen. Die dritte Möglichkeit kann die Erkenntnis sein, daß es sich bei einer Computeranwendung um eine Alternative zu anderen Ausstellungsmedien handelt. Im ersten Fall ist nicht das Ziel wichtig, den Besucher zu erreichen, sondern der Einsatz der modernen Technik. Dabei kann mit einer geringen Motivation bei den Mitarbeitern gerechnet werden . Der zweite Fall kann dazu führen, daß die Computeranwendung die Informationsleistungen anderer Medien (wie z.B. der Broschüre) übernimmt, ohne den Möglichkeiten und Chancen des Ausstellungsmediums gerecht zu werden. Auch hier steht die Technik im Vordergrund. Wird jedoch drittens die Computeranwendung als Alternative zu anderen Ausstellungsmedien genutzt, steht ein bestimmtes Ziel im Vordergrund.

Eine Computeranwendung kann eine sinnvolle Alternative zu anderen Ausstellungsmedien sein. Diese Entscheidung ist für die Mitarbeiter motivierend, da sie sich für dieses Austellungsmedium entschieden haben. Für die Besucher ist dies die beste Lösung, da diese Anwendung für sie einen größeren Mehrwert haben dürfte. Um eine Computeranwendung als Alternative sinnvoll einzuschätzen und aufbauen zu können, muß technisches Fachwissen angeeignet werden. Neben Literaturrecherche und Besichtigungen von fertigen Anwendungen sind Fortbildungen und ein Austausch mit Entwicklern und Anwendern empfehlenswert.

Nach der positiven Bewertung der Computeranwendung im Zusammenhang mit Kosten, Qualität und Mehrwert im Vergleich zu anderen Ausstellungsmedien können weitere Eckpfeiler für die Entwicklung erarbeitet werden. Neben einer Zieldefinition (s.a. Ziele Kapitel 4.2) ist eine Bestimmung der Zielgruppe(n) wichtig (s.a. Kapitel 7.). Dann sollten die Rahmenbedingungen ermittelt werden. Dazu muß der räumliche Standort innerhalb der Ausstellung festgelegt werden, und eine Einordnung in das Ausstellungskonzept, falls vorhanden, stattfinden. Es muß weiterhin entschieden werden, ob die Anwendung inhaltlich isoliert stehen oder andere Ausstellungsmedien ergänzen soll. Neben einer kurzen inhaltlichen Konzeption ist eine Übersicht an vorhandenem Material bei der Planung hilfreich.

Sinnvoll ist auch die Klärung des finanziellen Rahmens vor der Kontaktaufnahme mit einer Produktionsfirma. Es gibt drei Möglichkeiten der Finanzierung, nämlich Eigen-, Misch- oder Fremdfinanzierung. Die Eigenfinanzierung besteht aus regulären Etatmitteln oder Sondermitteln wie sie z.B. bei Sonderausstellungen genehmigt werden. Eine Mischfinanzierung ist bei einer Zusammenarbeit mit anderen Ausstellungen möglich. Hier lassen mehrere Museen oder Umweltzentren zusammen eine Computeranwendung entwickeln und übernehmen sie entweder mit gleichem Inhalt oder lassen den Inhalt auf die Situation vor Ort anpassen. Bei dieser Art der Finanzierung sind mehr Mittel vorhanden, die Konzeption und Programmierung muß nur einmal vorgenommen werden und eine eingeplante Anpassung erhöht die Produktionskosten nur gering. Auch Hardware ist in größeren Stückzahlen kostengünstiger zu erhalten. Eine Fremdfinanzierung findet bei Sponsoring oder der Nutzung von Fördermitteln (Länder, Bund, Europäische Union) statt. Bei kleineren Summen wie z.B. für Hardware können Betriebe oder Sparkassen vor Ort als Sponsoren gewonnen werden, größere Summen sind bei Stiftungen und Großfirmen erhältlich. Beim Sponsoring ist auf eine möglichst große Unabhängigkeit vom Sponsor zu achten.

Mit diesen Informationen versehen, kann die Suche nach einer Produktionsfirma beginnen (Kriterien für die Auswahl siehe im Kapitel 6.1 "Beteiligte Personen").


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5.2. Planung

Gemeinsam mit der Produktionsfirma werden in der Projektplanung Ziele, Zielgruppen und -kriterien, Inhalte , verwendete Materialien, Erscheinungsform der Computeranwendung, Medienintegration, verwendetes Hardwaresystem, Interaktivitätsgrad und die weitere Vorgehensweise ausgearbeitet, wobei die Ergebnisse der Vorplanung miteinbezogen werden. Für die Gesamtanwendung wird eine Zeitdauer bestimmt, ebenso wie für Einzelelemente. Dabei kann der Computer zur Unterstützung eingesetzt werden . In dieser Phase muß die Entscheidung getroffen werden, ob parallel zur Computeranwendung eine CD-ROM entwickelt werden soll . Es muß weiterhin entschieden werden, ob die Anwendung auf externe Quellen wie das Internet zugreifen soll, und ebenfalls ob Teile der Computeranwendung aktualisierbar sein sollen .

Eine zu erarbeitende Materialübersicht enthält Informationen über benötigtes, vorhandenes, zu erstellendes oder zu kaufendes Material. Auch wird die Qualität und der Bearbeitungszustand des Materials protokolliert. Die Materialien, bei denen Copyrightprobleme gelöst werden müssen, werden extra aufgelistet. Es wird sodann ein Zeitplan entwickelt, bei dem die einzelnen Liefertermine für beide Seiten verbindlich festgelegt werden. In einem Arbeitsplan werden Aufgabenfelder beschrieben, die einzelnen Aufgaben werden verteilt und Verantwortliche bestimmt. Das Themengebiet sollte den externen Entwicklern vorgestellt werden, damit diese sich besser in das zu bearbeitende Material einfinden können. Zum Beispiel bei einer Computeranwendung über bestimmte Landschaften sollten diese gemeinsam von Entwicklern und Auftraggebern erkundet werden.

Die Produktionsfirma wird sich für eine Entwicklungsplattform, Entwicklungssoft- und Hardware entscheiden, dann noch Aufbau, Bewegungsstruktur (beides siehe "Aufbau einer Computeranwendung"), Design, Navigation, Umsetzung des Inhaltes usw. planen.

Bei der Planung in der Produktionsfirma gibt es zwei Vorgehensweisen. Es kann ein detailliertes Drehbuch entwickelt werden oder ohne Drehbuch gearbeitet werden (Feibel 1996). Drehbücher können reine Textdarstellungen sein, meist werden allerdings Skizzen und Zeichnungen zur Visualisierung eingesetzt. Ohne Drehbuch zu arbeiten, ist eine neuere Methode. Es wird nur eine Struktur des Anwendungsprogrammes vorgegeben, welche immer weiter entwickelt und verfeinert wird, bis das fertige Produkt vorliegt. (Feibel 1996, S. 89) Hier sind digitale Prototypen vorführbar, während ansonsten die Drehbücher den Ausstellern oder einem möglichem Sponsor vorgestellt werden können. Die Ergebnisse der Planung werden dann mit den Auftraggebern abgestimmt.


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5.3. Entwicklung

Die Entwicklung vom Prototypen bis zur fertigen Version findet bei der Produktionsfirma statt, dabei wird der Bezugsrahmen (s.u. 6.3) berücksichtigt. Regelmäßige Treffen zwischen Produzenten und internen Mitarbeitern sorgen für einen Informationsaustausch. Während der Entwicklung finden Evaluationen in der Produktionsfirma, aber auch in der Ausstellung am zukünftigen Standort statt (s.u. "Evaluation" in Kapitel 6.7). Die Produktionsfirma erstellt unter Umständen eine Entwicklungsdokumentation, damit eine Überarbeitung durch eine andere Produktionsfirma später möglich ist .


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5.4. Einführung

Vor dem öffentlichen Einsatz wird die Anwendung vor Ort ausführlich getestet, sowohl die Software, die Hardware als auch deren Zusammenspiel. Die Mitarbeiter werden in die Nutzung ("wie funktioniert das Programm"), den täglichen Einsatz ("wie startet man den Computer und die Anwendung und wie beendet man sie") und in die Fehlerbeseitigung ("was macht man bei der Fehlermeldung xyz") eingewiesen. Dabei werden die Handlungsanweisungen vorgeführt und vom Personal getestet. Bei geplanten Aktualisierungen wird das damit vertraute Personal in die Vorgehensweise eingeführt. Mit der Übergabe ist die Entwicklung noch nicht beendet, da einige Probleme erst im Einsatz erkannt werden. Während der Einführungsphase wird daher ein Fehlerbuch geführt, in dem festgehalten wird, wo, unter welchen Bedingungen und zu welcher Uhrzeit Fehler aufgetreten sind. Diese Angaben helfen bei der anschließenden Fehlerbeseitigung, da diese bei genauer Beschreibung lokalisierbar und häufig reproduzierbar sind. Auch eine weitere Evaluation ist sinnvoll. Ein Gästebuch neben dem Rechner kann Wünsche des Besuchers z.B. nach mehr Informationen oder gedrucktem Informationsmaterial aufnehmen.

Erst einige Zeit nach der Einführung vor Ort ist die Entwicklung der Computeranwendung mit dem offiziellen Einsatz beendet.

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© Marc Jelitto, 1997, Universität Lüneburg, Magisterarbeit: Umwelt- und naturbezogene Computeranwendungen für Besucher in Museen und Umweltzentren