Inhaltsverzeichnis3. Die Computeranwendung als Ausstellungsmedium

3.1 Definition
3.2 Beschreibung
3.2.1 Erscheinungsform
3.2.2 Anwendungsprogramm
3.2.3 Computer
3.3 Vergleich mit anderen Medien
3.4 Möglichkeiten und Vorteile
3.5 Probleme und Nachteile


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3.1 Definition

Die Computeranwendung für Besucher besteht aus den drei Elementen Erscheinungsform, Computer und Anwendungsprogramm. Die Erscheinungsform ist die Schnittstelle zwischen dem Besucher und den beiden anderen Teilen der Computeranwendung. Sie besteht aus den Bereichen Ausgabegeräte, Eingabegeräte und deren Umfeld. Auf dem Computer läuft das Anwendungsprogramm. Er leitet die Impulse der Eingabegeräte an das Programm und die Reaktionen des Programms an die Ausgabegeräte weiter. Bis auf den Geschwindigkeitsfaktor ist er für Besucher von zweitrangiger Bedeutung. Das Anwendungsprogramm ist das Herz der Computeranwendung. Es enthält alle Informationen, die dem Besucher zur Verfügung gestellt werden. In den meisten Fällen reagiert es auf die Wünsche des Besuchers.

Abbildung 1: Die Elemente der Computeranwendung und deren Beeinflussung


3.2 Beschreibung

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3.2.1 Erscheinungsform

Die Erscheinungsform einer Computeranwendung ist die Schnittstelle zwischen dem Menschen und der Software. Sie besteht aus den drei Bereichen Ausgabegeräte, Eingabegeräte und deren "Verpackung". Bei allen Bereichen kann aus unterschiedlichen Komponenten, Variationen und Kombinationen gewählt werden.

Immer vorhanden ist ein optisches Ausgabegerät. Dabei kann es sich um einen Computermonitor, seltener um einen Fernseher handeln; es können mehrere Monitoren eingesetzt werden, um entweder verschiedene Informationen, identische Informationen mehrfach oder um als Bildschirmwand ein großes Bild zu bieten. Ein großes Bild kann auch durch Projektion auf eine Wand erreicht werden, hierbei wird ein Beamer eingesetzt. Zukünftig werden auch 3-D-Brillen, -Helme, -Monitore und ganze virtuelle Räume einsetzbar sein. Akustische Ausgabegeräte sind Kopfhörer und Lautsprecher. Kopfhörer werden entweder als Einhandhörer mit einem Lautsprecher oder als handelsüblicher Kopfhörer mit zwei Lautsprechern eingesetzt. Kopfhörer sind entweder fest installiert oder können gegen Pfand am Eingang des Museums ausgeliehen werden, in diesem Fall ist dann bei den einzelnen Computeranwendungen eine Einsteckmöglichkeit vorhanden. Lautsprecher beschallen entweder den ganzen Raum oder sind als Richtlautsprecher auf bestimmte Orte ausgerichtet. Um Informationen mitnehmen zu können, gibt ein Drucker Material aus. Dabei bedruckt dieser ein leeres Blatt oder Vordrucke, die ergänzt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Ausgabe von Informationen per Laufwerk auf Diskette, Chipkarte oder Magnetstreifenkarte . Denkbar ist in diesem Zusammenhang auch der Versand von Informationen per elektronischer Post (e-mail). Weiterhin können noch externe Geräte wie Diaprojektoren, elektronische Schautafeln, Glühbirnen in Dioramen, Scheinwerfer u.ä. vom Computer gesteuert werden. Bei Eingabegeräten gibt es reale und virtuelle Eingabemöglichkeiten. Zu den realen Möglichkeiten gehören die klassischen Geräte wie Tastatur, Maus und Joystick. Dazu kommen neuere Geräte wie Datenfinger, Datenhandschuh, Graphiktablett, Trackball und Touchpad. Weiterhin kommen noch Drehknöpfe, Lenkräder, Sensorfelder, Tasten (beschriftet, mit Zahlen, unterschiedlich in Farbe und Form) u.ä. hinzu, aber auch exotischere Varianten wie eine berührungssensitive Metallkugel sind möglich. Eher aus dem Kunstbereich kommt der Einsatz von Mikrofon, Videokamera, Bewegungssensor und Eyetracker . Weit verbreitet sind berührungssensitive Bildschirme (Touchscreens ) als Eingabegeräte. Bei diesen nutzt der Besucher virtuelle Eingabemöglichkeiten. Diese virtuellen Eingabemöglichkeiten sind Abbildungen realer Bedienungselemente auf dem Bildschirm wie Tasten, Schiebe- oder Drehregler etc. Außerdem werden Menüleisten eingesetzt. Es gibt auch anwählbare Bild- und Textelementen auf dem Bildschirm.

Die "Verpackung" der Ein- und Ausgabegeräte ist ebenfalls sehr vielseitig. Während die ersten Computeranwendungen einfach auf einen Tisch gestellt wurden, sind sie jetzt in der Wand oder in einem Gehäuse untergebracht. Dieses Gehäuse kann ein einfacher Holzkasten sein, häufig wird auch Metall oder Kunststoff eingesetzt. Die "Verpackung" kann sachlich-nüchtern oder aber auch künstlerisch-verspielt sein. Der Einbau von drei Bildschirmen in einen nachgebauten Brunnen, die nur von oben sichtbar sind und bei dem durch das Berühren einer Metallkugel Reaktionen ausgelöst werden , zeigt die machbaren Möglichkeiten gut auf. Bei Standorten in Freien sind die Computeranwendungen witterungsbeständig, bei fehlender Beaufsichtigung vandalismussicher zu gestalten. Zur Erscheinungsform gehört auch das Angebot einer Schreibmöglichkeit und von Sitzgelegenheiten in Form von Stühlen, Hockern oder Bänken.

In der näheren Umgebung der Computeranwendung befinden sich häufig weitere Medien, teilweise hängt dies mit den angestrebten Zielen zusammen (Erläuterung eines Objektes u.ä.), teilweise werden ergänzende Informationen extern angeboten (Bildtafeln, Informationstafel zur Bedienung des Computers, Präparate wie ausgestopfte Tiere oder getrocknete Pflanzen etc.).

Die Computeranwendung kann unterschiedlich im Raum positioniert werden. Sie kann als Blickfang mitten im Raum stehen oder optisch hervorgehoben sein, sie kann integriert, in Informationsboxen separiert oder verborgen installiert sein und möglicherweise extra vom Besucher gestartet werden.

Wie aus der Schilderung deutlich wird, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Erscheinungsform einer Computeranwendung zu gestalten. Es wird meistens auf den Bezugsrahmen Rücksicht genommen, der durch die restliche Ausstellung vorgegeben ist. Die Erscheinung ist abhängig von den Zielen und der Zielgruppe, aber auch von dem für die Computeranwendung entwickelten Programm. Diese Vielfalt macht sicher auch einen Teil des Reizes der unterschiedlichen Anwendungen aus.


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3.2.2 Anwendungsprogramm

Das Anwendungsprogramm beinhaltet alle Informationen, die der Besucher nutzen kann. Zur Darstellung der Informationen werden zahlreiche Medien wie Schrift, Bild, Ton und Bewegtbild (Video und Animation) eingesetzt.

Beim Anwendungsprogramm muß zwischen einer selbstablaufenden Darstellung und einer interaktiven Anwendung unterschieden werden. Selbstablaufende Anwendungen können vom Besucher nicht beeinflußt werden und funktionieren ähnlich wie eine Ton-Diashow oder der Einsatz von Video. Der Besucher kann diesen linearen Film, der ununterbrochen in einer Schleife abgespielt wird, nur betrachten. Es können alle Medien vorkommen. Interaktive Anwendungen zeichnen sich durch die Möglichkeit des Eingriffes des Besuchers aus. Der Grad der Interaktivität kann sehr unterschiedlich ausfallen. Als niedriger Grad der Interaktivität ist die Möglichkeit einzustufen, eine selbstablaufende Darstellung unterbrechen und dann wieder starten zu können. Wenn sich der Besucher zwischen mehreren Möglichkeiten entscheiden kann, ist die Interaktivität schon höher, am höchsten ist die Interaktivität bei einer vollkommen freien Bewegungs- und Manipulationsmöglichkeit.

Interaktive Anwendungssoftware besteht aus mehreren Teilen, wobei nicht immer alle eingesetzt werden. Meist läuft auf einer Anwendung ein Bildschirmschoner als Blickfang. Nach einer Aktion durch den Besucher geht es weiter mit einer Startsequenz (Trailer), in der kurz über die Anwendung informiert wird (Titel, Inhalt, Autoren). Die Startsequenz sollte unterbrechbar sein, damit der Besucher schneller zum Inhalt kommen kann. Nach der Startsequenz gelangt der Benutzer zu einer Hauptseite, dem Hauptbildschirm (Main Screen). Hier kann er Führungen (Guided Tours) nutzen, um den Inhalt der Anwendung kurz vorgestellt, aber auch die Funktionsweise erläutert zu bekommen. Von der Startseite aus kann er weitere Unterseiten aufrufen. Meist ist von allen Seiten eine Hilfefunktion erreichbar, welche textbasiert, mit Bildern oder Animationen arbeitet und den Besucher über seine Handlungsmöglichkeiten aufklärt.

Abbildung 2: Aufbau einer interaktiven Anwendung

Während bei einer selbstablaufenden Darstellung nur ein reines (häufig multimediales) Informationsangebot zur Verfügung steht, bietet die interaktive Variante weitere Möglichkeiten. Neben der Wahl der Vorgehensgeschwindigkeit kann der Besucher seinen Weg nach seinen Interessen auswählen. Je nach vorgegebener Struktur kann er sich vorwärts, rückwärts oder auch "quer" durch das Informationsangebot bewegen.

In Computeranwendungen werden mehrere Bewegungsstrukturen verwendet. Dieses beeinflussen die oben erwähnte Zusammensetzung der Teile. Linienstrukturen (A) wie bei einer Führung oder einem Quiz ermöglichen die Bewegung nur in die Richtung vorwärts (seltener rückwärts). Bei der Kreisstruktur (B) bewegt sich der Anwender auch linear vorwärts, kehrt dann aber zu einem Ausgangspunkt zurück, von dem aus ein weiterer Pfad beschritten werden kann. Baumstrukturen (C) gehen von einer Startseite aus, von der man zu mehreren Unterseiten verzweigen kann, die auch in mehrere Seiten verzweigen können. Netzstrukturen (D), wie sie u.a. bei Hypertexten eingesetzt werden, ermöglichen ein freies Navigieren innerhalb der Informationen. Hier taucht die Gefahr der Desorientierung (Lost in Cyberspace) auf . Bei lockeren Strukturen (E) ist der Informationszugriff des Besuchers nicht mehr in feste Bahnen gezwängt, dies taucht z.B. bei der Benutzung von Datenbanken auf.

 

Abbildung 3: Bewegungsstrukturen

Neben der Bewegung in vorbereiteten Informationseinheiten können auch weitere Möglichkeiten angeboten werden . Der Einsatz von Datenbanken ermöglicht eine hohe Informationstiefe, Simulationen und virtuelle Reisen ermöglichen einen neuen Zugang zu Informationen. Spiele wie ein Quiz oder eine produktive Aufgabenlösung wie die Renaturierung eines Flusses kommt den Angewohnheiten von spielbegeisterten Personen entgegen. Spiele können als Einzellösung oder im Zusammenhang mit einer Informationsvermittlungseinheit eingesetzt werden. Wenn es nützlich erscheint, können fertige Programme oder Anwendungen mit dieser Anwendung verknüpft werden. Das Angebot der Sammlung von Daten auf Diskette oder einem Chip von verschiedenen Computerterminals kann neue Wege der Informationsmitnahme schaffen. Online-Anschlüsse ermöglichen den Zugriff auf aktuelle Daten.


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3.2.3 Computer

Die Computer, auf denen das Anwendungsprogramm läuft, sind für den Benutzer unsichtbar. Meist für den Besucher verborgen arbeitet der Computer im Hintergrund. Dabei kann es sich um einen 286-er oder einen PentiumPro-Rechner handeln, um einen kleinen MacPlus oder um einem PowerPC des neuesten Generation, um einen Atari, Commodore oder eine Unix-Machine. Als Betriebssystem werden DOS, Windows (95, 97, NT), das Betriebssystem von Apple Macintosh, Unix-Varianten und weitere eingesetzt. Als Besonderheit ist der CD-I-Player von Philips zu erwähnen, welcher eine gute Videowiedergabe bietet .

Wichtig ist für den Besucher nur eine ausreichende Abspielgeschwindigkeit des Anwendungsprogramms, eine hohe Qualität des Materials und ein zuverlässiger Ablauf. Während text- und bildbasierte Anwendungen keine hohen Ansprüche an den Computer stellen, ist dies bei Video, Animationen und Simulationen anders. Bei dem Computer kann es sich um einen Einzelrechner handeln, oder er ist mit anderen Computern in einem Netzwerk verbunden.


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3.3 Vergleich mit anderen Medien

In Museen und Umweltzentren werden zahlreiche Medien eingesetzt, um den Besucher zu informieren. Die folgende Übersicht zeigt die Vielfalt der Ausstellungsmedien.

A. Passive Informationsvermittlung "en passant"

  • Faltblätter
  • Broschüren
  • Plakate
  • touristische Informationsmappen
  • Wanderkarten
  • Wanderroutenvorschläge

B. Audio-Visuelle passive Informationsvermittlung im Informationszentrum

  • Multimediaraum
  • Film-, Dia-, Videovorführung
  • Tonbänder, Kassetten
  • Bildtafeln
  • Schaukästen, Drehkästen
  • Dioramen
  • Vitrinen
  • Aquarien, Terrarien
  • Tier- Pflanzenpräparate
  • Reliefblockbilder
  • Funktionsmodelle

C. Aktive Informationsvermittlung im Informationszentrum

  • Naturmaterialien in Tast-, Riech- und Geschmackboxen
  • Mal- und Bastelecke
  • Simulationsspiele
  • Tischcomputer, PC´s
  • Geräte zur Untersuchung von Wasser- und Bodenproben
  • Mikroskope und Präparate
  • Lupen, Pinzetten, etc.
  • Bestimmungsliteratur

D. Angeleitete Aus- Weiter- und Fortbildung im Informationszentrum und im Gelände

  • Infotheke
  • Animations- und Bildungsangebote
  • Praktika
  • Exkursionen
  • Vorträge
  • Referate
  • Diskussionsveranstaltungen
  • Tagungen
  • besondere Lehrveranstaltungen für Kinder, Schulen u.ä.

Abbildung 4: Übersicht zu Medien der Informationsvermittlung (Job 1993, S. 34)

- (In der Originalarbeit war dieser Teil reinkopiert, daher Abbild. Wurde hier eigegeben, um durchsuchbar zu sein) -

Weiterhin werden eingesetzt:

A:

B:

C:

D:

Externe Informationsvermittlung (passiv oder aktiv) außerhalb des Gebäudes:

Jedes der Medien hat seine speziellen Vorteile, Nachteile, Stärken und Schwächen. In einem ausführlichen Vergleich von Computeranwendungen mit den herkömmlichen Ausstellungsmedien könnten diese herausgearbeitet werden . Dieser Vergleich hätte den Rahmen der Arbeit gesprengt und ist daher nicht geschehen.

Die Computeranwendung kann Videorekorder ganz ersetzen, da sie eine bessere Qualität ohne Verschleiß bietet und Interaktivität verstärkt und sinnvoll genutzt werden kann. Andere Medien wie eine Ton-Diashow können unter bestimmten Bedingungen ersetzt werde, z.B. wenn Interaktivität oder eine gleichbleibende Qualität der Bilder gewünscht wird. Bei Exkursionen können Computeranwendungen nur unterstützend bei der Vorbereitung helfen, Tastboxen u.ä. können nicht ersetzt werden, da sie andere Sinne des Besuchers ansprechen.

Ein großer Unterschied zwischen der Computeranwendung und anderen Ausstellungsmedien liegt in der Entwicklung. Während die meisten anderen Ausstellungsmedien innerhalb eines Hauses hergestellt oder geplant werden können, ist dies bei Computeranwendungen nur in den seltensten Fällen möglich . An einer Computeranwendung sind Mitarbeiter der Ausstellung als didaktische und inhaltliche Spezialisten beteiligt, welche die Zielgruppe kennen. In einer Produktionsfirma, die den technischen Teil einer Entwicklung übernimmt, arbeiten Projektleiter, Autoren für das Drehbuch, Redakteure für den Inhalt und Programmierer für die technische Umsetzung. Screen-, Animations- und Interfacedesigner sorgen für die optische Gestaltung des Bildschirms, für die Animationen und für die Entwicklung der Navigation. Weitere Mitarbeiter sorgen für eine Digitalisierung des gelieferten Materials. Extern beschäftigt werden Filmproduzenten und Kameraleute für benötigte Videos; Sprecher, Musiker und Tonfachleute sorgen für gesprochenen Text, Musik und Töne; Fotografen machen aktuelle Bilder; Recherchierer besorgen weiteren Inhalt; Übersetzer schaffen verschiedensprachige Versionen der Texte und der Navigationsbegriffe . Hier wird interdisziplinär und im Team gearbeitet, wobei gründliche Planung und gute Kommunikation wichtig sind. Je nach Informationstiefe, Grad der Interaktivität, zu erstellendem Material usw. ändert sich auch die Planungs- und Produktionszeit für eine Computeranwendung. Konkrete Zahlen sind nicht veröffentlicht, aber eine Mindestzeit von drei Monaten bis zu einer Länge von über einem Jahr ist einzuplanen. Der Durchschnitt der Entwicklungsdauer dürfte schätzungsweise über einem halben Jahr liegen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Medien kann sowohl der Inhalt als auch die Struktur u.a. nachträglich noch geändert werden. Da es sich bei der Computeranwendung um ein neues Medium handelt, wird sie während der Entwicklung und in der Einführungsphase von mehreren Evaluationen begleitet. Die Ergebnisse führen in der Regel zu Änderungen des Anwendungsprogramms.


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3.4 Möglichkeiten und Vorteile

Die neuen Möglichkeiten und Vorteile des Ausstellungsmedium Computeranwendung sind den Bereichen Medium, Besucher und Aussteller zugeordnet.

Sie werden hier in Kürze beschrieben.

Ich beginne diesen Punkt mit den mediumsspezifischen Möglichkeiten und Vorteilen, die das Ausstellungsmedium bietet. Die ersten drei werden häufig im Zusammenhang mit Multimedia genannt - Multimedialität, Interaktivität und Hypertext. In multimedialen Computeranwendungen können die Medien Schrift, Grafik, Ton, Video und Animation als Informationsträger nacheinander oder parallel eingesetzt werden. Der Vorteil der Interaktivität ist, daß der Besucher nicht nur passiv die Informationen aufnimmt, sondern auch in unterschiedlicher Weise in das Angebot eingreifen kann. Diese Interaktion beginnt beim Stoppen einer Anwendung, um eine Stelle ausführlicher betrachten zu können, und endet bei der Manipulation des Geschehens bei einer Simulation. Bei der Hypertextmöglichkeit müssen Texte nicht mehr linear, also eine Seite nach der nächsten, gelesen werden, sondern hervorgehobene Wörter können dazu benutzt werden, andere Informationseinheiten aufzurufen. Dann kann der Besucher entweder zum ursprünglichen Text zurückkehren oder einen anderen Weg folgen. Der Besucher muß also nicht einem vorgeschriebenen Pfad folgen, sondern kann sich seinen eigenen suchen. Die Computeranwendung eröffnet neue inhaltliche Möglichkeiten. Es handelt sich dabei um die drei Punkte Informationstiefe, Informationsbreite und Stichwortsuche. Mit Computeranwendungen kann eine hohe Informationstiefe erreicht werden. Ein Ziel kann bis ins Detail erläutert und mit Material versehen werden, der Informationstiefe ist keine Grenze gesetzt. Zum Beispiel kann in Datenbanken das Informationsangebot einer Bibliothek abgelegt und von einer Computeranwendung benutzt werden. Neben einer hohen Informationstiefe kann auch eine hohe Informationsbreite dem Besucher angeboten werden. Während andere Austellungsmedien nur ein Thema behandeln, können in einer Computeranwendung auch Nebengebiete ausführlich dargestellt werden.

Ein weiterer Vorteil des Mediums ist die Möglichkeit der breiten Stichwortsuche. Bei Büchern, die Sachverzeichnisse, Register und Indizes benutzen, kann nur nach wenigen Stichwörtern gesucht werden, welche per Hand zusammengestellt wurden und nie alle Wörter erfassen. Dagegen kann in Computeranwendungen nach jedem beliebigen Wort gesucht werden, welches den Besucher interessiert. Bei Datenbankabfragen können auch Verknüpfungen u.ä. vorgenommen werden, z.B. kann der Besucher nach einer Informationseinheit suchen, bei der zwei Begriffe direkt hintereinander vorkommen. Die Computeranwendung bietet vier technische Vorteile - die Ansteuerung externer Geräte, eine Druckmöglichkeit, die gleichbleibende Qualität des optischen Materials und die Möglichkeit, sie auszuschalten. Durch die Möglichkeit der Ansteuerung externer Geräte durch den Computer ist dem Einsatz von externen Geräten wie Diaprojektoren, elektronischen Schautafeln, Glühbirnen in Dioramen, Scheinwerfern u.ä. keine Grenzen gesetzt. Diese können mit der Computeranwendung verbunden und von dieser gelenkt werden. Die Druckmöglichkeit eröffnet die Möglichkeit, daß, anstatt vorgefertigtes Material wie Faltblätter, Broschüren u.ä. mitzunehmen, der Besucher das von ihm gewünschte Material ausdrucken kann. Da das Material aktiv angefordert wurde, ist eine Nutzung eher zu erwarten als bei der Mitnahme von ausliegendem Material. Die gleichbleibende Qualität des optischen Materials erklärt sich dadurch, daß die Materialien nicht in analoger, sondern in digitaler Form vorliegen. Das spielt bei Dias, Ton- und Videobänder eine Rolle, die bei ihrem Einsatz Belastungen ausgesetzt sind und verblassen bzw. verschleißen. Leicht abschaltbar bedeutet bei der Computeranwendung, daß das bei Führungen von Schulklassen auftauchende Problem, daß nämlich Computeranwendungen besonders die Aufmerksamkeit von Schülern auf sich ziehen und von der Führung ablenken, gelöst werden kann. Die Computeranwendungen können vor Führungen aus- und danach wieder eingeschaltet werden. Die Computeranwendung bietet auch neue Arten der Informationsvermittlung an. Dazu gehören Simulationen und Animationen. Die interaktive Simulation kann Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung nachvollziehbar machen, indem der Besucher einzelne Variablen ändert und das Ergebnis sieht. Grafiken, in denen Bewegungen mit Pfeilen dargestellt sind, können in Animationen belebt werden. Die letzten zwei Möglichkeiten des Ausstellungsmediums Computeranwendung ergeben sich aus der Tatsache, daß die Computeranwendung ein junges Medium ist. Ein modernes Medium erregt Aufsehen beim Besucher. Die Computeranwendung ist noch nicht zum Alltag in Museen und Umweltzentren geworden, fällt daher vielen Besuchern auf und wird von diesen ausprobiert. Dazu kommt, daß ein neues Ausstellungsmedium einen zusätzlichen Reiz bietet. Wenn sich ein Besucher durch eine Ausstellung bewegt, ist es für ihn günstig, wenn er durch unterschiedliche Ausstellungsmedien angesprochen wird. Die Computeranwendung ist ein solcher neuer Reiz.

Computeranwendungen bieten auch für Besucher spezifische Möglichkeiten und Vorteile. Mit diesem Ausstellungsmedium kann auf den Besucher als Individuum eingegangen werden. Als erster Punkt ist der individuelle Einbezug des Besuchers zu nennen. Nach einer Abfrage einiger Daten wie besondere Interessengebiete, eigene Einschätzung des Wissensstandes etc., die der Besucher eingibt, optimiert der Computer die Anwendung auf den Besucher. Auch wird protokolliert, was der Besucher für Aktionen macht und dann das Angebot daraufhin gezielt erweitert. Wenn z.B. bei einer Computeranwendung zum Thema Energie alle Informationen im Zusammenhang mit dem Thema Solarenergie aufgerufen werden, kann eine zusätzliche Taste angeboten werden. Diese stellt bei Benutzung eine Verbindung zu einer Datenbank mit thematisch passendem Inhalt her, die auf dem Rechner installiert ist. Dann kann auf spezielle Interessen des Besuchers eingegangen werden. Eine Computeranwendung kann auf spezielle Wünsche eines Besuchers eingehen. Wenn z.B. ein größeres Gebiet in einem Nationalpark erkundet werden soll, kann nach Angabe der zur Verfügung stehenden Fortbewegungsmittel und der Zeit durch den Besucher eine individuelle Karte ausgedruckt werden, auf der der Besucher eine Streckenbeschreibung und eine Zeitplanung findet. Individuelle Druckergebnisse können auch dadurch entstehen, daß der Besucher selber entscheidet, welches Material er haben will. Er kann auch Informationseinheiten sammeln, zu einem Ganzen zusammenfügen und ausdrucken.

Eine neue Möglichkeit bietet die Computeranwendung durch die Eingabemöglichkeit. Es besteht für den Besucher die Möglichkeit, Informationen in den Computer einzugeben. Dies kann in Form eines Eintrages in ein Gästebuches geschehen oder es können Informationen für andere Besucher hinterlassen werden. Diese Informationen können aus Literaturhinweisen, Praxisberichten, Meinungen, Kommentare u.ä. bestehen. Das neue Medium kommt den Nutzungsgewohnheiten der jüngeren Besucher entgegen. Jüngere Besucher haben andere Sehgewohnheiten als ältere Besucher und sind mit dem Medium Computer meist vertraut. Sie sind mit dem Ausstellungsmedium Computeranwendung gut zu erreichen. Neu eingesetzt werden können Erfolgskontrollen. Durch ein Quiz oder durch die Lösung einer gestellten Aufgabe kann der Besucher sein neu erworbenes Wissen testen. Die Antwort bzw. Bewertung geschieht nicht durch das Personal, sondern durch den Rechner selbst. Falsche Antworten können durch die Begründung der richtigen Antwort aufgewertet werden. Positiv wirken sich die folgenden Punkte für den Besucher aus. Die freie Auswahl der Informationen und Informationstiefe bedeutet, daß der Besucher selber wählen kann, welche Informationen er haben will, in welcher Reihenfolge er sie erhält und wie tiefgehend diese Information sein soll. Neu ist die Möglichkeit des schrittweisen und spielerischen Entdeckens. Es ist für den Besucher nicht auf einen Blick zu erkennen, welche Information in einer Computeranwendung angeboten werden. Die Informationen sind in kleinere Einheiten (bildschirmweise) verpackt, die nach und nach schrittweise aufgerufen werden. Um die Informationen zu erhalten, muß der Benutzer mit dem System "spielen".

Im Gegensatz zum Einsatz von Videorekorden u.ä. hat der Besucher bei der Computeranwendung die Wahl der Vorgehensgeschwindigkeit. Der Besucher wird nicht wie bei Videos dazu gezwungen, sich alles anzusehen, sondern kann für ihn uninteressante Teile überspringen und interessante ausführlich betrachten. Günstig ist es für den Besucher, daß Informationseinheiten wiederholbar sind. Videos oder Animationen können mehrmals betrachtet werden, ohne daß wie bei Videorecordern lange gespult werden muß. Ein Vorteil von Computeranwendungen ist der Einsatz einer Mehrsprachigkeit. Es kann entweder am Anfang oder während der Anwendung die Sprache gewechselt werden. Dadurch können fremdsprachige Besucher aus verschiedenen Ländern mit einer Computeranwendung erreicht werden.

Computeranwendungen haben auch ausstellerspezifische Möglichkeiten und Vorteile. Als erstes ist die Aktualisierbarkeit zu nennen. Die Aussteller können Teile des Anwendungsprogramms erneuern. Dies kann per Diskette, Netzwerk oder an dem Anwendungsprogramm direkt geschehen. Entweder werden dann in der Computeranwendung direkt Änderungen vorgenommen oder in externen, dafür vorgesehenen Dateien, auf welche das Programm während der Nutzung zugreift. Am einfachsten werden Textdateien erweitert oder ausgetauscht, aber auch der Austausch von Bildmaterial ist möglich. Bei z.B. einer Computeranwendung zum Thema Energie können die jährlichen Verbrauchswerte aktualisiert werden. Günstig ist die Erweiterbarkeit des Inhaltes. Die Computeranwendung kann inhaltlich erweitert werden, ohne daß es dem Besucher auffällt. Wenn bei einer Computeranwendung die Anwendungssoftware erfolgreich war, können weitere Teilbereiche eingebaut werden. Bei einer Anwendung zum Thema Energie kann nach dem Erfolg der Bereiche Solarenergie und Wasserkraft der Bereich Windenergie hinzugefügt werden.

Auch können Inhaltsänderungen ohne Umbauten im Ausstellungsraum stattfinden. Der Inhalt einer Computeranwendung kann vollständig oder teilweise ausgetauscht werden, ohne daß Umbauten notwendig sind. Wenn z.B. eine Computeranwendung auf wechselnde Ausstellungen aufmerksam machen soll, kann jedesmal das Anwendungsprogramm ausgetauscht werden. Eine Anpassung an lokale Umstände ist möglich. Computeranwendungen, die wie Wanderausstellungen an verschieden Orten eingesetzt werden, die im Verbund mit anderen Ausstellungen entstehen oder die aus einer anderen Ausstellung stammen, können den Gegebenheiten ihres neuen Standortes angepaßt werden. Es können einzelne Namen ausgetauscht werden, aber auch ganze Informationseinheiten wie Adressen. Als Beispiel kann eine Computeranwendung dienen, die den Besuchern den ökologischen Bauernhof näher bringen soll. Bei einer Anpassung werden die Adressen der Bauern vor Ort eingetragen. Dann kann ein Angebot von Magazinmaterial stattfinden. In vielen Museen steht nur ein Teil der Sammlung in der Ausstellung , der Rest wird in Magazinen gelagert. Eine Computeranwendung kann Informationen und Bilder der Magazinbestände für den Besucher bereithalten.

Eine wenig genutzte Möglichkeit ist die einer zentralen Druckmöglichkeit. Bei Vernetzung der Computeranwendungen oder einer Informationssammlung per Diskette oder Chipkarte kann zentral an einem Ort wie beim Ausgang oder in der Bibliothek ausgedruckt werden. Es wird nur ein Drucker statt mehrerer eingesetzt. Dieser wird beaufsichtigt und bei auftauchenden Problemen kann schneller geholfen werden. Sogar die Erhebung einer Gebühr für die Ausdrucke ist denkbar, um z.B. die Kosten zu decken.

Die folgenden Möglichkeiten der Raumeinsparung können mit keinem anderen Ausstellungsmedium auf so engem Raum vereinigt werden: Mehrsprachigkeit, eine hohe Informationsbreite und -tiefe und die Möglichkeit, mehrere Zielgruppen anzusprechen. Vorteilhaft ist die Mehrsprachigkeit ohne zusätzlichem Raumbedarf. Für Aussteller ist es günstig, daß mehrere Sprachen angeboten werden können, ohne z.B. mehrere Tafelbilder aufzuhängen. Ohne zusätzlichem Raumbedarf ist auch eine Berücksichtigung unterschiedlicher Zielgruppen möglich. In einer Computeranwendungen können mehrere Zielgruppen optimal versorgt werden. Zum Beispiel kann auf der Startseite zwischen der normalen Version und einer für Kinder gewählt werden, welche sich optisch, aber auch inhaltlich unterscheiden.

Die Eingabemöglichkeit durch den Benutzer ist auch in folgender Hinsicht nützlich: Befragungen können per Computer vorgenommen und automatisch ausgewertet werden. Kommentare vom Besucher können digital archiviert und weiterverarbeitet werden.

Die Computeranwendung bietet neue Evaluationsmöglichkeiten. Durch digitale Protokolle und die Beobachtung per zweitem Monitor gibt es neue Möglichkeiten, den Besucher zu analysieren. Die digitale Protokollierung erläutere ich kurz. Jede Aktion, die ein Besucher an einer Computeranwendung macht, kann gespeichert und später ausgewertet werden. Der Ort des Mauszeigers bei einem Tastenklick, die Anzahl der Aufrufe der Hilfeseite, die Beschäftigungsdauer mit der Anwendung, all dieses kann protokolliert werden. Es ist auch möglich, eine Auswertung der Ergebnisse zu starten und dann ein Diagramm zu erhalten, welches analysiert werden kann. Das Ergebnis dieser Protokollierung kann zur Verbesserung der Anwendung eingesetzt werden. Praktisch ist die Nutzbarkeit digitaler Quellen. Es können bestehende digitale Daten aus Datenbanken und dem Internet benutzt werden, ebenso wie Bildersammlungen, fertige Programme und Spiele etc. Dies kann bei der Entwicklung, aber auch während der Benutzung durch den Besucher geschehen. Als letztes möchte ich auf die zwei Punkt Personalentlastung und Personalersatz eingehen. Computeranwendungen können zur Unterstützung und Entlastung des Personals eingesetzt werden. Besonders im Eingangsbereichen kann der Einsatz sehr sinnvoll sein, wenn viele Besucher gleichzeitig Informationen haben wollen. Computeranwendungen können auch in gewissem Rahmen als Pförtnerersatz, als Ansprechpartner oder als Führer eingesetzt werden.


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3.5 Probleme und Nachteile

Die Probleme und Nachteile von Computeranwendungen sind im folgenden Text in die Bereiche Medium, Besucher und Aussteller unterteilt. Teilweise wird auf die Möglichkeit der Vermeidung von Nachteilen und den Umgang mit Problemen eingegangen.

Ich beginne mit Problemen und Nachteilen, die für dieses Medium spezifisch sind.

Ein häufig genannter Nachteil ist die Ablenkung vom eigentlichen Ausstellungsobjekt durch die Computeranwendung. Wenn eine Computeranwendung objekt-bezogene Informationen anbietet, dann besteht die Gefahr, daß der Besucher die Anwendung benutzt, aber das eigentliche Ausstellungsobjekt nicht beachtet. Man sollte also den Blick des Besuchers immer wieder auf das eigentliche Objekt lenken. Es können z.B. Fragen gestellt werden, die nur bei einer gründlichen Betrachtung des Objektes beantwortet werden können. Auch kann eine Computeranwendung vom Rest der Ausstellung ablenken.

Ich gehe jetzt auf die Nachteile ein, die mit den oben aufgeführten Vorteilen zusammenhängen. Beim Einsatz von Interaktivität ist mit einem hohen Aufwand zu rechnen. Interaktivität ist nur durch einen hohen Planungs- und Programmieraufwand zu erreichen. Je höher der Grad der Interaktivität, desto höher ist der Aufwand. Durch die hohe Informationstiefe und -breite kommt es zu einer Informationsflut. Die Möglichkeiten der Computeranwendung, eine hohe Informationsbreite und -tiefe anzubieten, kann dazu führen, daß der Besucher mit der Informationsmenge überfordert ist. Hier ist eine klare Strukturierung des Informationsmaterials und die Einteilung in kleinere Informationseinheiten, die der Besucher innerhalb kurzer Zeit durchsehen kann, hilfreich. Die Multimedialität wird übertrieben, wenn es zu einer Integration unnützer Medien kommt. Bei jedem Einsatz muß ausgearbeitet werden, welche Medien in einer Computeranwendung am sinnvollsten sind. Schwarze Schafe unter den Produzenten von Computeranwendungen versuchen, den Einsatz von Animationen und Video als unumgänglich zu bezeichnen - schließlich verdienen sie damit am meisten. Dagegen hilft nur das Wissen, welche Medien sinnvoll einsetzbar sind. Der Einsatz von Hypertext und komplexen Bewegungsstrukturen (siehe oben) führt leicht zu einer Desorientierung ("lost in cyberspace") Auch bei einer hohen Informationstiefe und Informationsbreite kann es dazu kommen, daß der Besucher den roten Faden der Anwendung verliert. Durch eine gute Benutzerführung, das Angebot einer Übersicht, wo sich der Besucher in der Informationsstruktur befindet, und einer Verbindungstaste zur Startseite kann dem entgegenwirkt werden. Ein erhöhter Reiz zur Copyrightmißachtung entsteht bei der Nutzung digitalem Materials. Bei digital vorliegendem Material ist die Versuchung groß, fremdes Material in die eigene Anwendung einzubinden. Man sollte sich nicht auf sein Glück verlassen, daß es keinem auffällt, sondern entweder auf fremdes Material verzichten oder sich die Nutzungs- und Verarbeitungsrechte geben lassen oder erwerben . Zum Copyrightproblem kommen noch Nutzungsprobleme bei Fremdmaterial. Bei der Entwicklung und beim Einsatz von Computeranwendungen werden häufig Materialien Dritter eingesetzt. Fremdmaterial wird für unterschiedliche Plattformen wie Apple, DOS, Windows, Unix etc. produziert und muß teilweise für die eigene Anwendung umgewandelt werden. Beim Einsatz von fertigen Datenbanken ist die Benutzung kompliziert. Daher sollte für den Benutzer eine einfache Maske eingerichtet, eine Kurzanleitung neben der Computeranwendung ausgelegt oder ein Tutorium installiert werden. Bei der Nutzung von fremden Programmen tauchen Probleme bei der Beschaffung, Lizensierungen, dem Verkauf, der Aktualisierung und bei Installationen auf dem Ausstellungscomputer auf. Daß es sich bei dem Ausstellungsmedium um ein neues Medium handelt, ist auch ein Nachteil. Da es sich bei den Computeranwendungen um ein junges Medium handelt (erste Einsätze fanden in den Achtziger Jahren statt), sind Praxiserfahrungen nicht weit verbreitet. Erschwerend kommt hinzu, daß Hard- und Software sich immer weiter entwickeln und Computeranwendungen beim Einsatz schon nach kurzer Zeit nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik sind. Empfehlenswert ist es, auf die neueste Technik nur zuzugreifen, wenn es sinnvoll ist und ansonsten bewährte Technik zu nutzen. Beim Einsatz als Personalersatz fällt die fehlende menschliche Flexibilität auf. Computer können nicht wie Menschen auf unvorhergesehene Situationen flexibel reagieren, sondern nur eingegebene Informationen wiedergeben. Menschliche Führer können auch auf Fragen reagieren, die nur am Rande mit dem Thema zu tun haben.

Allgemein macht sich die fehlende Multimedia-Didaktik negativ bemerkbar. Da es sich bei Computeranwendungen um ein neues Medium aus den achtziger Jahren handelt und Multimedia mit dem Computer erst in den Neunzigern auftritt, gibt es keine Didaktik als Lehre vom Unterricht mit diesem Medium. Es ist noch nicht geklärt, mit welchen Medien welche Information bei bestimmten Zielgruppen am besten vermittelt werden soll. Hier werden noch zahlreiche Untersuchungen stattfinden, bis die besten Methoden erarbeitet worden sind. Einen Anfang macht das Buch "Informationen und Lernen mit Multimedia" (Issing 1995), in dem Bei- träge eines Workshops veröffentlicht sind. Problematisch sind auch hohe Ansprüche durch Sehgewohnheiten der Besucher. Die Besucher in Museen und Umweltzentren sind größtenteils an große Fernseher oder an Kinobilder gewöhnt, wo Filme mit einer hohen Qualität gezeigt werden. Auch entstehen hohe Ansprüche an Design und Animationen durch den Einsatz in der Werbung. Diese Qualität erwarten sie auch bei Computeranwendungen. Bei Animationen ist dies möglich, bei Videos, die vom Computer abgespielt werden, z.Zt. noch nicht. Eine Möglichkeit, hochauflösende Videos zu zeigen, ist der Einsatz von analogen Bildplatten in Zusammenarbeit mit dem Computer. Allerdings sind die Kosten hoch, wenn man das hohe Niveau der modernen Medien erreichen will. Das führt zu einem weiteren Problem der Computeranwendungen - die hohen Kosten. Eine Computeranwendung ist bei der Entwicklung und auch bei der Nutzung teuer. Hier kann die Zusammenarbeit mit anderen Ausstellungen oder der Einsatz von Sponsoren zur Verringerung der Kosten beitragen. Hohe Personalkosten treten bei der Magazindigitalisierung auf. Wenn der Katalog eines Museums von der Papierform in eine digitale Datenbank umgewandelt werden soll, ist ein hoher Planungs- und Eingabeaufwand zu erwarten. Bei einer Ergänzung von Textinformationen durch Bildmaterial erhöht sich der Aufwand noch weiter. Wenn noch keine Photos vorliegen, die eingescannt werden müssen, sollten die Bilder mit einer digitalen Kamera aufgenommen werden, so daß man sich den Vorgang der Digitalisierung erspart.

Häufig von Produzenten verschwiegen wird die Anfälligkeit für Fehler und Nichtfunktion der Computeranwendung. Bei Computer treten Hard- und Softwarefehler auf. Um Besucher nicht zu frustrieren, sollten Computeranwendungen mehrmals täglich getestet werden. Bei auftauchenden Problemen müssen diese entweder durch das geschulte Personal oder durch externe Fachleute behoben werden. Für den Einsatz externer Kräfte sollten vor dem Einsatz Wartungsverträge abgeschlossen werden, sonst müssen finanzielle Mittel zurückgestellt sein. Ein technisches Problem ist auch der Stromausfall. Bei einem Stromausfall ist die Computeranwendung nicht nutzbar. Danach fährt sie entweder automatisch wieder hoch oder sie muß von einem Mitarbeiter neu gestartet werden. Nicht genug, daß Computer-anwendungen aus technischen Gründen ausfallen können, es gibt noch zwei weitere Probleme - Sabotage und Vandalismus. Es gibt für einige Besucher nichts schöneres, als die Sicherheit und Stabilität eines Anwendungsprogramms zu Testen. Das Anwendungsprogramm sollte also möglichst stabil sein und auf Schwachstellen hin getestet sein. Besonders bei unbeaufsichtigten Computeranwendungen muß auf eine vandalismussichere Erscheinungsform geachtet werden, da sonst z.B. die Eingabegeräte gestohlen oder zerstört werden.

Häufig tauchen Probleme bei der Entwicklung auf. Es müssen viele Aspekte beachtet werden wie Didaktik, Programmierung, graphische Gestaltung, Video- und Filmbearbeitung, Design, Planung, Literaturauswertung, Dokumentation, Redaktion, Medien- und Materialauswahlkriterien usw. An einer Computeranwendung beteiligen sich verschiedene Berufsgruppen (Programmierer, Museumsfachleute, Natur- und Umweltwissenschaftler, Pädagogen, Designer, Musiker, Tonfachleute), die andere Ideen, Sicht- und Vorgehensweisen haben. Dies erschwert die Projektarbeit, da eine gemeinsame Sprache und Vorgehensweise gefunden werden muß, um Mißverständnisse zu vermeiden. Programmierer sind mit der inhaltlichen und meist auch mit der didaktischen Ebene nicht vertraut, während Aussteller die Möglichkeiten der Technik überschätzen und die Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung unterschätzen. Eine Folge der Probleme bei der Entwicklung sind schlechte Produktionen. Es gibt zahlreiche Probleme bei der Entwicklung einer Computeranwendung. Sehr negativ zu bewerten ist u.a. der schlechte Einsatz von Erfolgskontrollen wie bei einem Quiz, bei dem eine falsche Antwort einfach mit einem "Falsch" quittiert und dann zur nächsten Frage weitergegangen wird. Der Besucher weiß nicht, welche Antwort richtig war, und ist daher frustriert. Auch kann er aus seinem Fehler nichts lernen. Hier sollten die richtige Antwort und der Grund, warum es die richtige Antwort ist, genannt werden. Oder es sollte eine Taste angeboten werden, bei deren Benutzung der Besucher zu der Stelle im Anwendungsprogramm gelangt, an der die richtige Antwort steht. Ein weiteres Problem ist die mögliche Entstehung eines Tonchaos. Bei sich überlappenden Tonfeldern aus verschiedenen Lautsprechern kann es zu einem Tonchaos kommen. Entweder sollten dann Richtlautspecher oder Kopfhörer eingesetzt werden. Zu vermeiden ist bei einer Entwicklung auch eine überfordernde Interaktivität. Manche Besucher sind von den angebotenen Interaktionsmöglichkeiten überfordert. Zum Beispiel sind mehr als zehn Tasten auf einem Bildschirm verwirrend. Ebenfalls zu vermeiden ist eine zu hohe Informationsvereinfachung. Bei Simulationen u.ä. sollte darauf geachtet werden, daß Informationen nicht zu sehr vereinfacht werden. Komplexe Sachverhalten können reduziert werden, dies sollte allerdings auch erkennbar sein.

Ein Problem ist die Nutzungszeit. Für die Nutzung der Computeranwendung steht nur ein kurzer Zeitraum durch den Besucher zur Verfügung, meistens unter fünf Minuten. Die Informationstiefe darf daher nicht so hoch sein, daß sie abschreckend wirken könnte, aber auch nicht so niedrig, daß sich der Besucher langweilt. Auch planen Besucher eine bestimmte Zeit für einen Besuch ein, die Zeit, die mit einer Computeranwendung verbracht wird, fehlt dann beim Rest der Ausstellung. Zu vermeiden ist ein Realitätsverlust. Künstliche Bilder und Simulationen können irrtümlich als Realität betrachtet werden. Sie sollten daher deutlich erkennbar bzw. mit einem entsprechendem Hinweis versehen sein. Ein weiteres Problem ist der Verlust wichtiger Informationen bei Nichtnutzung. Bei der inhaltlichen Konzeption sollte darauf geachtet werden, daß elementare Informationen auch außerhalb der Computeranwendung zu finden sind, da sonst bei Nichtbenutzung oder einem Ausfall der Anwendung diese Informationen verloren gehen. Beim Einsatz mehrerer Computeranwendungen als Blickfang in einer Ausstellung kann es zu einer Reizüberlastung beim Besucher kommen.

Auch für Besucher gibt es spezifische Probleme und Nachteile. Die neuen Möglichkeiten der Computeranwendung können zu einer Dauerblockierung des Ausstellungsmediums führen. Durch eine hohe Informationstiefe kann ein Besucher stundenlang eine Computeranwendung benutzen und die Nutzung durch andere Besucher verhindern. Hier können mehrere Computeranwendungen mit identischem Inhalt nebeneinander eingesetzt werden. Ein anders Problem taucht auf, wenn ein Besucher eine Anwendung verläßt und ein Zweitnutzer diese nutzen will. Es fehlt dem Zweitbesucher dann meist jede Orientierung. Vergleichbar ist ein Waldlehrpfad, bei dem man mitten im Wald auf ein Schild stößt und nicht weiß, ob man links oder rechts weitergehen soll bzw. wo Anfang und Ende sind. Die Anwendung sollte also, wenn eine bestimmte Zeit lang keine Eingabe erfolgt, zum Startbildschirm zurückspringen. Auf jeder Seite wird zusätzlich eine Taste angeboten, mit der der Besucher zur Startseite zurückkehren kann. Ein Nachteil einiger Computeranwendungen ist die frustrierende Fehlnutzung. Wenn Besucher nicht mit den Eingabemedien vertraut sind, kann es zu Fehlbenutzungen kommen. Ungeübte Besucher erwarten z.B. eine Reaktion des Anwendungsprogramms beim Drücken der Maustaste, das Programm wartet allerdings darauf, daß die Maustaste wie im Computerbereich üblich losgelassen wird. Die Nutzung des Mediums als solches kann problematisch sein. Besonders älteren Besuchern ist der Umgang mit Computern fremd und sie benutzen daher Computeranwendungen nicht oder nur zögerlich. Eine einfache Erscheinungsform ohne technisches Aussehen kann hier weiterhelfen. Eindrückbare Knöpfe sind z.B. den Besuchern vertrauter als eine Computermaus. Dazu kommt die ungewohnte Benutzung. Für Besucher, die nicht mit Computern arbeiten, ist auf eine einfache Bedienbarkeit, eine gute Benutzerführung und eine Hilfefunktion zu achten, um die ungewohnte Nutzung zu erleichtern. Möglich ist die Einordnung des Mediums als Spielzeug durch den Besucher. Es kann passieren, daß die Computeranwendung nicht als Ausstellungsmedium, sondern als technisches Spielzeug wahrgenommen wird. Daher sollte die Erscheinungsform nicht zu verspielt sein. Ein anderes Problem ist die Abschreckung. Die Computeranwendung kann durch ihr technisches Aussehen Besucher abschrecken. Bei der Entwicklung ist auf eine freundliche Erscheinungsform zu achten. Eine Scheu vor bzw. eine Abneigung gegen die Computertechnik grenzt einige Besucher aus. Auch bevorzugen einige Besucher den Kontakt mit Menschen und finden Computer zu unpersönlich. Eine Schwellenangst kann dazu beitragen, daß die Computeranwendung nicht benutzt werden. Eine Mehrpersonennutzung ist nur beschränkt möglich. Eine Computeranwendung kann nur von einer Person bedient werden, bei kleinen Bildschirmen können nur wenige Besucher etwas erkennen. Für den Besucher störend ist die Unbequemlichkeit bei einigen Computeranwendungen. Eine längere Benutzung einer Computeranwendung wird im Stehen unbequem. Hier sollte eine Sitzgelegenheit eingesetzt werden, wenn eine Dauerblockierung akzeptabel ist.

Ein neues Problem ist das sogenannte "Computer-Hopping" . Viele Besucher gehen von einer Computeranwendung zur nächsten und finden diese interessanter als den Rest der Ausstellung. Wenn so neue Besucher gewonnen werden können und die Inhalte durch diese wahrgenommen werden, ist dies meiner Meinung nach akzeptabel.

Auch bei den Ausstellern gibt es Probleme und Nachteile, auf die ich hier kurz eingehe. Eines ist die mangelnde Akzeptanz durch die Mitarbeiter. Beim Einsatz von Computeranwendungen ist die Arbeit der Mitarbeiter beim Starten und Bebenden der Anwendung und beim Auftauchen von Fehlern und Problemen wichtig. Eine höhere Akzeptanz bei den Mitarbeitern wird durch den Einbezug bei der Planung, aber auch beim gemeinsamen Testen der Anwendung erreicht. Wichtig ist auch eine ausführliche Schulung. Eventuell sollte eine finanzielle Vergütung für Mehrarbeit geleistet werden. Ein weiterer Nachteil ist der Rechnerpflege- und Verwaltungsaufwand. Bei der Ermöglichung wissenschaftlichen Arbeitens mit dem Computer muß dieser regelmäßig gepflegt werden. Bei der zur Bereitstellung von Computersoftware zum Testen durch den Besucher muß dieses bestellt, bewertet, installiert und auf dem neuesten Stand gehalten werden. Negativ ist auch die Textlastigkeit bei Eigenaktualisierungen. Bei der Aktualisierung von Computer-anwendungen wird das Medium Text bevorzugt eingesetzt, da dieses am leichtesten digital erzeugt und eingebaut werden kann. Beim Einbau von Bildmaterial muß zum Beispiel ein Scanner vorhanden sein, um die Bilder digitalisieren zu können. Problematisch ist es, daß es sich bei der Computeranwendung um ein unbekanntes Medium handelt. Während andere Medien schon seit Jahrzehnten in Gebrauch sind, ist das Ausstellungsmedium Computeranwendung für Aussteller ein neues Gebiet, bei der Entwicklung ebenso wie beim Einsatz. Daher gibt es keine Anleitung, wie eine perfekte Computeranwendung entstehen kann und wie man Fehler vermeidet. Außerdem ist eine Einarbeitungszeit in dieses Thema einzuplanen.

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© Marc Jelitto, 1997, Universität Lüneburg, Magisterarbeit: Umwelt- und naturbezogene Computeranwendungen für Besucher in Museen und Umweltzentren