Inhaltsverzeichnis2. Einleitung

In dieser Arbeit wird der Begriff Computeranwendung für den Einsatz des Computers als Ausstellungsmedium benutzt. Das Wort "Computer" steht für den verwendeten Rechner, ohne den die Anwendungssoftware nicht funktioniert. Das Wort "Anwendung" steht für das produzierte Softwareprodukt, das Anwendungsprogramm, und die Zusammenfassung zur "Computeranwendung" soll auf die dritte Komponente, die Erscheinungsform, hinweisen. Dieser Begriff gibt am ehesten wieder, daß das Ausstellungsmedium Computeranwendung aus den drei Teilen Erscheinungsform, Computer und Anwendungsprogramm besteht.

Es werden in der Literatur und im allgemeinen Sprachgebrauch auch andere Begriffe eingesetzt. Häufig wird in der Literatur und in der Presse das "Modewort" Multimedia verwendet. Multimedia ist ein weiter Begriff, der alles und nichts aussagen kann. Multimedia kommt auch in den Kombinationen Multimedia-Anwendung, Multimedia-Applikation, Multimedia-Realisation, Multimedia-System und Multimedia-Terminal vor. Vom Wort des Jahres 1995 existieren unterschiedliche Definitionen. Die Kombination von Multimedia und Computer wird 1991 noch nicht erwähnt, Multimedia hatte damals eine andere Bedeutung:

"Multimedia, die aufeinander abgestimmte Verwendung versch. (vieler) Medien ... Beispielhaft für die Aufhebung der Mediengrenzen in der zeitgenöss. Kunst sind v.a. Environment, Happening und Performance." (Brockhaus 1991, S. 176)

Heutzutage wird Multimedia anders definiert:

"Multimedia ist die neue, computergestützte Form der Kommunikation, mit Interaktivität und Medienintegration als charakteristischen Merkmalen." (Steinhau 1995)

Die folgende Definition wird für Multimedia in dieser Arbeit benutzt, da sie im Bereich der Informatik verbreitet ist:

"Ein Multimedia-System ist durch die rechnergesteuerte, integrierte Erzeugung, Manipulation, Darstellung, Speicherung und Kommunikation von unabhängigen Informationen gekennzeichnet, die in mindestens einem kontinuierlichen (zeitabhängigen) Medium kodiert sind." (Steinmetz 1993, S. 19)

Nach dieser Definition würden aber existierende Anwendungen aus diesem Bereich wie z.B. ein Quiz in Schloß Nymphenberg in München, bei dem ein Computer Fragen in reiner Textform an den Besucher stellt, ausgeschlossen werden. In dieser Anwendung wird nur das zeitunabhängige Medium Schrift eingesetzt. Dieser Einsatz des Computers hat jedoch mit seiner erzielten Betrachtung von Tierpräparaten als Ausstellungsobjekten in meinen Augen Vorbildcharakter für andere Computer-anwendungen. Daher wird der Begriff Multimedia in dieser Arbeit nur eingesetzt, wenn die obrigen Kriterien der letzten Definition erfüllt sind. Aber auch interaktive Installation, stationäres Terminal, Point of Information (POI), vom Computer gesteuerte Medieninstallation, computergestütztes Spiel, mediale Installation, Kiosk (-system) und virtuelles Ausstellungsobjekt sind m.M.n. nicht präziser oder treffender als der Begriff Computeranwendung. Auch bei den in dieser Magisterarbeit benutzten Begriffen Erscheinungsform (mit den Unterteilungen Ein-, Ausgabegerät und "Verpackung" ), Computer und Anwendungsprogramm können zahlreiche Alternativen genannt werden.

Umwelt- und naturbezogene Computeranwendungen sind ein Teilbereich der im Museum möglichen Realisierungsformen des Computereinsatzes. Es fallen vor allem Anwendungen aus dem Kunstbereich als besonders innovativ auf. Das Ziel dieser Arbeit liegt beim Schwerpunkt Umwelt und Natur. Die Trennung in Natur und Umwelt liegt in ihren unterschiedlichen Ausrichtungen und Themen.

"Naturschutz heißt: Schutz der Natur vor dem Menschen. Seit 1970 ist hinzugekommen der Umweltschutz, den man definieren könnte als den Schutz des Menschen vor einer durch Menschen geschädigten Umwelt. Eine Zeitlang wurden diese Begriffe immer in einem Atemzug genannt und als Synonyme verwendet. Am aktuellen Streit um die Aufstellung von Windrädern, bei dem Naturschützer gegen Umweltschützer stehen, ist zu erkennen, daß Naturschutz und Umweltschutz zweierlei Dinge sind." (Stock 1996, S. 13)

Inhaltlich haben beide Bereiche ihre Berechtigung . Bei den beschriebenen Zielen wie "Verhaltensänderung bewirken" werden in dieser Arbeit beide Themen in verschiedenen Ausprägungen des Zieles aufbereitet (Beispiele "Abfallverhalten" und "Störungen der Natur" im Anhang).

Bei dieser Arbeit werden Museen und Umweltzentren als Einsatzorte betrachtet. Umwelt- und naturbezogene Computeranwendungen können aber auch an anderen Orten, wie Handwerkskammern, Messen usw. eingesetzt werden . Museen und Umweltzentren weisen große Ähnlichkeiten, aber auch einige Unterschiede auf:

"...die Aufgabenstellung von Museen [ist] umfangreicher als die von Umweltzentren. Museen, insbesondere Naturmuseen versuchen neben den klassischen musealen Aufgaben des Sammelns, Bewahrens, Forschens, aber auch Präsentierens verstärkt in der Ausstellung den Umwelt- und Naturschutzaspekt zu berücksichtigen. ... Die Ausstellung der Objekte ist im Musseum [sic] von besonderer Bedeutung, da viele Museen seltene und kostbare Exponate ausstellen. In Umweltzentren soll durch das «Erleben» die emotionale Beziehung zu Umwelt und Natur verbessert werden und ebenfalls zu umweltbewußtem Handeln führen. Dies können z.B. Führungen sein. Die Ausstellungsobjekte sind in Umweltzentren lediglich «Mittel zum Zweck», anhand derer den Besuchern die Schutzwürdigkeit von Umwelt und Natur erläutert werden. Die klassischen Museumsaufgaben werden in Umweltzentren nur im Bereich der Präsentationen und vereinzelt in der Forschung verfolgt." (Fischer 1993, S. 53)

Auch können weder Museen noch Umweltzentren als homogene Masse betrachtet werden. Alle unterscheiden sich in Besucherzahl, personeller und räumlicher Ausstattung, Themenschwerpunkte, Konzepte, Ziele, Zielgruppen etc. Dies wirkt sich immer auf die Entwicklung einer Computeranwendung aus. Museen werden in dieser Arbeit ebenso wie Umweltzentren nicht weiter unterteilt, obwohl dieses möglich und sinnvoll sein kann. Vereinfachend wird in dieser Ausstellung vom Einsatz in Ausstellungen gesprochen, statt immer Museen und Umweltzentren zu nennen.

Laut dem Institut für Museumskunde in Berlin, das jährlich bundesweite schriftliche Befragungen aller Museen vornimmt, gab es in Deutschland fast fünftausend Museen . Diese zählten mehr als 90 Millionen Besuche (Staatliche Museen zu Berlin 1994, S. 11). Der Schwerpunkt des Einsatzes des Computers im Natur- und Umweltbereich liegt bei den naturkundlichen Museen und bei naturwissenschaftlichen und technischen Museen, von denen es 1994 in Deutschland 239 bzw. 507 gab. Ich gebe hier die Werte von 1994 wieder, da in dem selben Fragebogen nach dem Einsatz des Computers in Museen gefragt wurde. Die Ergebnisse gelten für alle Museen, sind also nicht auf die Zielmuseen spezialisiert. Über 30 Prozent aller Museen setzen den Computer ein (a.a.O., S. 62). Für den Besucher setzen über 17 Prozent der Museen den Computer in Bibliotheken und über 12 Prozent in der Ausstellung, im Sonderausstellungs- und Eingangsbereich ein (a.a.O. S. 68). Planen tun dies über 14 Prozent bzw. 9 Prozent aller Museen (a.a.O.) .

In Deutschland gab es 1996 weit über 500 Umweltzentren , in denen Computer für den Besucher eingesetzt werden könnten. Bei Umweltzentren ist mir keine Befragung nach dem Computereinsatz bekannt.

In dieser Arbeit wird nur auf den Einsatz von Computern für Besucher eingegangen, außerdem wird von stationären Anwendungen ausgegangen.

Es ist zwischen Ausstellungsmedien und Medien zu unterscheiden. Hier dienen Ausstellungsmedien im weiteren Sinne zur Information der Besucher in einer Ausstellung (siehe 3.3); Medien werden in den Computeranwendungen als Informationsträger eingesetzt (siehe Medienintegration bei Kapitel 6.8).

SeitenanfangInhaltsverzeichnis


© Marc Jelitto, 1997, Universität Lüneburg, Magisterarbeit: Umwelt- und naturbezogene Computeranwendungen für Besucher in Museen und Umweltzentren